Mit dem Aschermittwoch hat die 40-tägige Fastenzeit begonnen. Im Kanton Zug gibt es Gruppen, die begleitetes Fasten anbieten. Sie haben noch ausreichend Mitglieder, lediglich ihr Beweggrund hat sich teilweise verändert.
Fasten und Schweigen statt Fast Food und Small Talk: Nach den ausgelassenen Fasnachtstagen üben sich auch einige Zugerinnen und Zuger in der Kunst der Entsagung. Während die einen bis am Karsamstag, 20. April, auf Süssigkeiten oder Alkohol verzichten, gehen es andere etwas radikaler an. So gibt es im Kanton Zug verschiedene Gruppierungen für begleitetes Fasten, bei denen oft der Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund steht. Im Lassalle-Haus in Edlibach werden seit den 1990er-Jahren Fastenprogramme angeboten. Der Nachhaltigkeitsgedanke sei beim Fasten schon immer zentral gewesen, betont die Theologin Noa Zenger, die dort seit drei Jahren Fastenkurse durchführt. Neu sei aber, dass sich eine breitere Masse damit befasse.
Noa Zenger erklärt: «Für viele geht es beim Fasten in erster Linie um den gesundheitlichen Aspekt. Aber auch die sozialpolitische Dimension wird immer wichtiger – jener Bereich, der Menschen bewusster macht, als Teil eines grösseren Ganzen Verantwortung zu tragen.» So arbeitet das Lassalle-Haus auch mit Organisationen wie Fastenopfer und Brot für alle zusammen. Essen sei zudem oft Ersatzbefriedigung in der Konsumgesellschaft, ist Zenger überzeugt. «Fasten ist ein Boxenstopp, um im Überfluss innezuhalten.»
Laut Noa Zenger schärft Fasten die Sinne und macht bewusster, was der Körper anstelle von Nahrung sonst noch braucht. Dieser Aspekt habe etwas tief Christliches. So ist die Religion noch immer das Grundmotiv des Fastens und erinnert an die 40 Tage, die Jesus in der Wüste verbrachte. Auch die Frühlingsfastenkurse im Lassalle-Haus richten sich nach der christlichen Fastenzeit und finden zweimal statt, vom 17. bis 31. März sowie vom 31. März bis 7. April. Während drei Tagen bereiten sich die rund 20 Teilnehmer selbstständig auf die Fastentage vor und verzichten nach und nach auf Zucker, Koffein, Alkohol und tierische Nahrungsmittel. Während der Fastenwochen wird nach dem Prinzip des Fastenarztes Otto Buchinger stark reduziert – abgesehen von Tee, einer leichten Gemüsesuppe mittags sowie einem frisch gepressten Saft abends nehmen die Teilnehmer nichts zu sich. Gefastet wird meist schweigend. «Stille ist eine Kraft, die hilft, zu fokussieren. Die Kurse werden mit Meditationen, Gottesdiensten, Wanderungen und Leibesübungen wie Yoga oder Qi-Gong ergänzt», erklärt die 44-jährige Pfarrerin. Sie betont, dass jeder gesunde Mensch fasten könne. Schon nach wenigen Tagen beginne der Körper, sich zu reinigen und Zellbestandteile zu verwerten. «Man verbrennt überschüssiges Fett, scheidet Giftiges und Belastendes aus und heilt sich so selbst.»
Ähnlich wird auch bei der Heilfastengruppe der Pfarrei St. Johannes in Zug gefastet – allerdings nur eine Woche lang. «Vom Aschermittwoch an entlasten wir Magen und Darm langsam und essen nur leichte Kost. Am Freitagabend wird dann mit Glaubersalz oder anderen Abführmitteln der Darm entleert», erklärt Hildegard Faber, die das Heilfasten zusammen mit Margrit Wolflisberg seit vielen Jahren in der Pfarrei St. Johannes leitet. Anschliessend werde während sieben Tagen viel Tee getrunken, zudem verdünnte Frucht- und Gemüsesäften oder Bouillon, aber gar nichts gegessen. Wie das Lassalle-Haus richtet sich das Heilfasten in Zug nach dem Buchinger-Prinzip, allerdings ist der spirituell-christliche Aspekt nur ein Teil des ganzheitlichen Fastens, bei dem man laut Faber Körper, Geist und Seele etwas Gutes tue. Die Themen Meditation, soziales Verhalten, aber auch körperliches und seelisches Wohlbefinden hätten alle Platz.
«Durch Heilfasten reagieren die Geschmacksnerven wieder viel sensibler und wir nehmen den Alltag wieder gelassener wahr», sind die beiden Fastenleiterinnen überzeugt. Als sie die Fastengruppe 1992 gegründet haben, seien viele Teilnehmer mit dem Wunsch abzunehmen gekommen. Das Heilfasten nütze jedoch nicht wirklich auf Dauer dem Gewichtsverlust, sondern könne, wie der Name schon sagt, heilen, betont Faber. Die Zugerin selber hat mit dem Fasten ihr Rheuma in den Griff bekommen. «Zugenommen hat in den letzten Jahren zudem der Wunsch, den Alltag wieder bewusster und gesünder anzugehen. Vor allem jüngere Leute kommen vermehrt aus diesem Grund zu uns», so Faber.
In der diesjährigen Fastenwoche fasten bei der Heilfastengruppe Pfarrei St. Johannes rund zehn Leute. Am Freitagabend werden sie ihr Fasten nach sieben Tagen wieder brechen, indem alle einen Apfel essen. «Das ist jedes Mal ein Erlebnis. Jeder Biss des Apfels wird 35-mal gekaut und schmeckt hervorragend. Viele Teilnehmerinnen sind schon satt, bevor sie die Frucht ganz aufgegessen haben», erzählt Hildegard Faber. Nach dem Fastenbrechen wird der Körper während vier Tagen langsam wieder auf feste Nahrung vorbereitet. Diese Zeit ist laut der Heilfastengruppenleiterin genauso wichtig wie die Zeit der Vorbereitung und das eigentliche Fasten.