Zug
Kunstpause: Junge Kunst greift aktuelle Themen auf

Die Ausstellung «Kunstpause 2021» zeigt in der Chollerhalle aktuelles Schaffen von 35 jungen Akteuren.

Text: Monika Wegmann, Bilder: Matthias Jurt
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Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Ölkreide und Farbstift auf Papier von Alexandra Feusi mit dem Titel «Ich starre gerne in Wohnungen hinein».

Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Ölkreide und Farbstift auf Papier von Alexandra Feusi mit dem Titel «Ich starre gerne in Wohnungen hinein».

Noch ist die Pandemie nicht vorbei, doch Kunsthappenings werden jetzt sehr geschätzt. Das ist auch in der Chollerhalle an der begrenzten, aber gut besuchten Vernissage von Donnerstag spürbar, wo die Kunstpause 2021 bis Sonntag aktuelles Schaffen von 35 Künstlerinnen und Künstlern präsentiert: Neben Malerei, Skulptur oder Fotografie sind mehrere Installationen, digitale Kunstwerke sowie Performances zu sehen. Auf dem Rundgang wird deutlich, wie vielseitig die junge Künstlergeneration wirkt, die sich intensiv mit dem realen Leben auseinandersetzt. Das widerspiegeln die Arbeiten, bei denen Klimawandel, Social Media oder Rassismus einfliessen.

Toilettenpapiernähwerk mit dem Titel «Relikte» von Anna von Siebenthal.
12 Bilder
Die Installation «Choreography N° 2» von Robin Lütolf.
Die Installation «Choreography N° 2» von Robin Lütolf. Eine Besucherin bringt die Installation zum klingen.
Holzbildhauerei von Pia Eisenhut mit dem Titel «Langhaxerde».
Der Event ist gut besucht.
Videoinstallation von Ronja Römmelt mit dem Titel «In Gemeinschaft».
Assemblage von Tim Hergersberg mit dem Titel «Mosqutan».
Installation «Weiche Schale, kein Kern» von Nielsen, Fürer und Sharlhey.
Tusche auf Papier mit dem Titel «Körper» von Relia R. Ferraro
Ölkreide und Farbstift auf Papier von Alexandra Feusi mit dem Titel «Ich starre gerne in Wohnungen hinein».
Die Performance vom Kollektiv Schleuse «Bahnbrechende Innovation». Besucherinnen werden zum Mitmachen animiert.
Die Performance vom Kollektiv Schleuse «Bahnbrechende Innovation».

Toilettenpapiernähwerk mit dem Titel «Relikte» von Anna von Siebenthal.

Bild: Matthias Jurt (Zug, 20. Mai 2021)

Fantasievolle Kreationen

Mitten in der Halle steht auf einem schwarzen Podest eine Sitzgarnitur – aus Plastikfolie, eine Installation der Zürcher Nielsen, Fürer und Sharlhey, womit sie das Thema Statussymbole hinterfragen. Unübersehbar ist daneben die fantastische, tierische Skulptur «Mosqutan» von Tim Hergersberg, der sich mit Transformationen in Medizin und Wissenschaft beschäftigt hat und auf die damit verbundene Verantwortung hinweist. Die poetische Choreography mit den von der Decke hängenden Löffeln, die bei Bewegungen sanfte Töne erzeugen, stammt vom Berner Robin Lütolf, der Alltagsdingen mehr Aufmerksamkeit generieren möchte.

Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Im Bild: Toilettenpapiernähwerk mit dem Titel «Relikte» von Anna von Siebenthal.

Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Im Bild: Toilettenpapiernähwerk mit dem Titel «Relikte» von Anna von Siebenthal.

Originell sind an der Wand die zarten Kreationen aus zusammengenähtem Toilettenpapier von Anna von Siebenthal, womit sie die Überflussgesellschaft kritisiert. Der erste Lockdown hat die Wienerin Alexandra Frei inspiriert, dem Gefühl des Eingesperrtseins mit Ölkreide und Farbstiften Ausdruck zu verleihen, indem sie Eindrücke aus ihrem Umfeld in kleinen Zeichnungen festhält. Tiefgründig sind die Acrylbilder des Berners Teddy Pratt, der das Thema Rassismus und die damit verbundenen Ungerechtigkeiten aufgreift. Der Zürcher Emanuel Eichler hinterfragt mit Hashtaglife das Mitteilungsbedürfnis auf Social Media.

Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Im Bild Holzbildhauerei von Pia Eisenhut mit dem Titel «Langhaxerde.»

Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Im Bild Holzbildhauerei von Pia Eisenhut mit dem Titel «Langhaxerde.»

Überraschend viele Digitale Installationen sind zu sehen, wie die von Carmen Muiste: Mehrere Monate hat sie einen Instagram-Account mit Fotos aus ihrem Leben gefüttert. Auf dem Boden läuft das Video von Ronja Römmelt, sie hat untersucht, wie die menschliche Gruppendynamik funktioniert. Einen Blick ins Unendliche gibt Serafin Kriegers Installation hoch oben im Treppenhaus frei. Auf der anderen Seite hat Julia Kannewischer (Berlin/Zug) die Wände mit Blättern bestückt, auf denen Texte stehen, die sie zwei Jahre lang jeden Tag auf Instagram veröffentlicht hat, jeweils ergänzt mit einem Performancevideo.

Die Besucher werden einbezogen

Der Musiker Martial In-Albon entlockt mitten im Publikum in seiner Performance einer Meeresschnecke archaische Töne. Für eine skurrile «bahnbrechende Innovation» sorgte fortlaufend das Kollektiv Schleuse, das die Besucher an ein laufendes Förderband beorderte, wo sie aus Büroklammern etwas kreieren konnten und so spielerisch ein Teil der Performance wurden. Bevor das Objekt einen Platz an der Wand erhielt, suchte man im Sekretariat gemeinsam einen Namen. Vom Kollektiv stand hier Soraya Blumer im Einsatz: «Das Projekt haben wir zusammen entwickelt, und ich bin überrascht, wie die Besucher begeistert mitwirken. Ich glaube, die Kunst wohnt in uns.»

Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Im Bild: Digitale Installation von Carmen Muiste.

Kunstpause in der Chollerhalle Zug: Im Bild: Digitale Installation von Carmen Muiste.

An der Eröffnung sagte Laura Hürlimann, Präsidentin des Vereins Kunstpause: «Die Pandemie war für viele junge Kunstschaffende auch eine Inspirationsquelle.» Mit 65 Bewerbungen seien mehr eingetroffen als sonst, sogar aus dem Ausland. «Die Kunstpause will weiterhin jungen Kunstschaffenden eine Plattform bieten, sie fördern und unterstützen, vor ein breites Publikum zu treten. Wir wollen auch die Besucher ermutigen, etwas Neues kennen zu lernen und darüber gemeinsam zu diskutieren.»

Hinweis: Die Kunstpause 2021 in der Chollerhalle Zug ist heute von 14 bis 22 Uhr und morgen Sonntag von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Infos zum Rahmenprogramm: www.kunstpause.ch