ZUG: Ensemble Chamäleon: Ihre Harmonie ist gut hörbar

Das Ensemble Chamäleon hat am Sonntagabend in der Gewürzmühle ein überzeugendes Konzert geboten.

Jürg Röthlisberger
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Das Ensemble Chamäleon interpretiert selbst die schwierigsten Passagen in meisterhafter Manier. (Bild: Werner Schelbert (Zug, 3. Dezember 2017))

Das Ensemble Chamäleon interpretiert selbst die schwierigsten Passagen in meisterhafter Manier. (Bild: Werner Schelbert (Zug, 3. Dezember 2017))

Schumann – Kreisler – Auerbach: Ganz auf Kontraste angelegt war der Auftritt des Ensembles Chamäleon am Sonntagnachmittag in der Zuger Gewürzmühle. In der seit vielen Jahren bewährten Kernbesetzung musizierten Madeleine Nussbaumer, Klavier, Tobias Steymans, Violine, und Luzius Gartmann, Violoncello.

Weitaus das bekannteste Werk war das zu Beginn gespielte Klaviertrio d-Moll, Opus 63, von Robert Schumann. Schon die wenigen Takte Einleitung bis zum Erscheinen des Hauptthemas zeichneten in manchem das Wesen des Komponisten: reichhaltige, nur auf den ersten Moment verworren wirkende Harmoniewechsel, eine dem Wesen der drei Stimmen angemessene Instrumentierung mit jener tiefen musikalischen Erfindungs­gabe. Immer wieder wechselte die Grundstimmung, oft düster, manchmal flackernd. Erst mit dem Beginn des letzten Satzes ging die Sonne richtig auf, mit einem neuen Thema in klarem D-Dur, wie man es für das Geburtstagsgeschenk an die damals 28-jährige Meisterpianistin und Ehefrau erwarten würde.

Die Musiker sind auf der Höhe ihrer Aufgabe

Einmal mehr gelang eine ausgezeichnete Interpretation. Die grossräumige Struktur mit reich figuriertem Klavierpart und länger gehaltenen Tönen der Streicher erschien sehr transparent. Madeleine Nussbaumer spielte mit geöffnetem Klavierdeckel und mit meist kräftigem Anschlag. Trotzdem überzeugte ein im Klangvolumen angemessenes Gleichgewicht zu den Streichern. Obwohl diese die Pianistin kaum sehen konnten, fand man auch perfekte Präzision im Zusammenspiel, wie es auch unter Berufsmusikern nur nach jahrelanger intensiver Zusammenarbeit gelingt. Erst mit dem dritten Satz gelangte man auch ins Piano, das möglicherweise schon dem Trio-Teil im Scherzo zusätzliches Profil verliehen hätte. Das nach der Pause gespielte Klaviertrio von Lera Auerbach (34) war eine freie Bearbeitung der Flötensonate D-Dur, Opus 94, von Sergej Prokofjew (1891–1953). Vom Original blieben die Abfolge der vier Teile, verschiedene Eigenheiten der harmonischen Struktur und in der Thematik der Einsätze. Während sich die Violinstimme einigermassen an die bereits von Prokofjew für Violine umgearbeitete Version anschliessen konnte, war der vor allem schon im zweiten Satz sehr virtuos gesetzte Cellopart praktisch neu erfunden.

Ein weiteres Mal bewunderte das Publikum, wie sicher dem Ensemble Chamäleon die Einstudierung eines vorher unbekannten Werks mit vielen technischen Schwierigkeiten gelang. Prokofjew schrieb das Original mitten im Zweiten Weltkrieg, als er vor den herannahenden deutschen Truppen nach Perm nordöstlich von Moskau geflohen war. Er betonte die Wichtigkeit einer in diesem Fall heiteren kompositorischen Grundstimmung unabhängig von widerlichen äusseren Umständen.

Mehr als Intermezzo wirkten vier Charakterstücke des Stargeigers und Salonkomponisten Fritz Kreisler. Die Bearbeitung der Originale für Violine und Klavier als Klaviertrio (Willem Willeke) änderte an der Thematik praktisch nichts. Das Cello unterstützte manchmal die linke Hand der Pianistin oder setzte eine zusätzliche Mittelstimme. Auf besinnliche vorweihnächtliche Stimmung ausgerichtet war ein weiterer kürzerer Satz von Lera Auerbach, durch die Komponistin ausdrücklich als Zugabe-Stück bezeichnet.

Jürg Röthlisberger

redaktion@zugerzeitung.ch