Seit einem Monat können sich Stadtzuger Bürger eine digitale Identität zulegen. Das Angebot ist beliebt: Über 100 Personen sind bereits im Besitz der digitalen ID, weitere dürften folgen. Nun warten alle auf konkrete Anwendungen.
Livio Brandenberg
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Angekündigt wurde sie im Juli, seit einem Monat ist sie da: die digitale Identität, die sich Stadtzugerinnen und -zuger zulegen können. Seit dem Aufschalten der «Digital ID», wie sie bei der Stadt heisst, hat der Hype um Blockchain-basierte Funktionen – die bekannteste ist die Kryptowährung Bitcoin – exponentiell zugenommen. Hat sich diese Euphorie auch auf das Zuger «Identitätsprojekt» ausgewirkt? Wie viele Bürger haben sich bisher eine digitale Identität zugelegt?
«Bis heute haben sich 102 Personen registriert. Sie sind also bei der Einwohnerkontrolle vorbeigekommen und haben ihre digitale ID», sagt Stadtpräsident Dolfi Müller auf Anfrage. «Dazu kommen 60 weitere, die die App runtergeladen und sich angemeldet haben, aber noch nicht zur Verifizierung vorbeigekommen sind.» Ob diese dann alle auch noch vorbeikämen, um sich mit dem Pass zu registrieren, wisse man natürlich nicht, gehe aber davon aus, so Müller.
«Das ist ein gutes Echo, zumal wir noch keine konkreten Anwendungsfälle haben. Wir sind fast ein wenig erstaunt über diese Zahl», sagt der Zuger Stadtpräsident. Ab dem kommenden Frühling will die Stadt konkrete Anwendungen aufschalten. «Die Ideen, die rumgeistern, sind zahlreich. Sie benötigen alle unsere digitale ID: zuerst etwa die Blockchain-basierte Konsultativabstimmung, die wir abhalten wollen», so Müller. Auf der Agenda sei weiter die Identifizierung im Veloverleih. «Es gibt auch Ideen, den bestehenden Zuger Veloverleih mit den jetzigen Partnern auszubauen, auch über die Gemeindegrenze hinweg.»
Denkbar sei überdies ein Parkhaus-Management, also ein Erkennen der Person bei Einfahrten und Ausfahrten und ein damit zusammenhängendes Bezahlsystem, eine Bibliothekenregistrierung, die das Ausleihen von Büchern ohne Bibliotheksausweis ermöglicht, oder das einfache Einloggen beim Online-Schalter der Stadt Zug. «Bei persönlichen Gesuchen im Bewilligungswesen wissen wir wegen der digitalen ID, wer das Gesuch gestellt hat», ergänzt Müller. Man befinde sich hier überall noch im Ideenstadium, vielleicht ein wenig darüber hinaus. «Aber wir haben schon Ambitionen.»
Um diesen Ambitionen gerecht zu werden, hat die Stadtverwaltung einen internen Ideenwettbewerb lanciert: «Wir haben die Mitarbeitenden im Oktober aufgerufen, Teams zu bilden, um über weitere Ideen nachzudenken. Im März werden wir die besten Projekte auswählen und weitertreiben», so Müller. In der nun laufenden Pilotphase gehe es darum, «intensiv» Erfahrungen zu sammeln. «Wir haben uns ab letztem Herbst drei Jahre Zeit gegeben. Dann sollten wir von der Testphase in den Normalbetrieb übergehen können.» Bis dahin werde die digitale ID nur für in der Stadt Zug Wohnhafte und für Angestellte der Stadtverwaltung erhältlich sein. «Danach muss man sich sicher die Frage stellen, ob man die ID nicht für weitere Personen öffnen soll. Technisch wäre dies problemlos machbar.»
Klar ist: Die Stadt Zug hat sich durch die digitale ID sowie durch das Akzeptieren von Bitcoin für Dienstleistungen bis zu einem Wert von 200 Franken zu einer «Vorreiterbehörde» entwickelt. Jeden Tag kämen zwei bis drei Anfragen zu Digitalisierungsthemen von überall her. Vertreter der Stadt wurden nach Berlin und Hamburg oder auch an den ersten Schweizer Digital Day eingeladen. «Man kann sicher sagen: Wir haben derzeit einen wirklich guten Lauf», so Müller.