Im Januar bricht der Zuger Fabio Frangipane (32) zu einer grossen Reise nach Südamerika auf. Einen Rückflug hat der Abenteurer noch nicht gebucht. Trotzdem gibt es für ihn gute Gründe, nach der Auszeit wieder nach Hause zurückzukehren.
Rahel Hug
Erzählt Fabio Frangipane von seinen Reiseplänen, beginnen seine Augen zu leuchten. Die Vorfreude auf seinen grossen Urlaub im kommenden Jahr ist riesig. Es dauert nicht mehr lange, und der 32-Jährige wird im Flugzeug Richtung Buenos Aires sitzen. Am Sonntag, 7. Januar, um den Mittag ist es so weit – wann der junge Zuger nach Hause zurückkehren wird, weiss er momentan nicht: Einen Rückflug hat er nicht gebucht.
«Ich trage den Wunsch nach einer langen Reise schon lange in mir herum», erzählt Frangipane. Und er ist einer, der seine Träume in die Tat umsetzt. Bereits im Herbst 2016 ist er zu einer sechsmonatigen Reise als Rucksacktourist nach Südostasien aufgebrochen. «Damals merkte ich, dass mir das Reisen liegt. Ich hätte problemlos noch länger bleiben können, von Heimweh keine Spur. Für mich war klar, dass es bald eine weitere Tour geben muss.»
Die Frohnatur mit Wurzeln in Italien arbeitet seit neun Jahren als Fitnessberater im Migros-Fitnesspark Eichstätte in Zug. Bei den Mitarbeiterporträts auf der Homepage ist für jeden und jede ein Motto aufgeführt. «Every day is a new day. Do it!» («Jeder Tag ist ein neuer Tag, tu es!) lautet jenes von Fabio Frangipane. Der Leitspruch passt nicht nur im beruflichen, sondern auch im privaten Sinne. «Wenn nicht jetzt, dann nie», dachte sich Frangipane und kündigte vor kurzem seinen Job – obwohl er sehr gerne arbeiten geht und im Team des Fitnesscenters «eine zweite Familie» gefunden hat, wie er sagt. «Es fiel mir nicht leicht, meine Arbeit aufzugeben. Doch ohne Job bin ich freier und terminlich nicht gebunden.» Ausserdem, so berichtet Frangipane, könnte er sich gut vorstellen, bald eine Familie zu gründen und sesshaft zu werden. «Das war mit ein Grund, dass ich mich jetzt für die lange Reise entschieden habe.»
Die Frau, mit der er diesen Wunsch teilt, hat er vor einigen Monaten ken-nen gelernt. Er sei «frisch verliebt», schwärmt der Zuger. Wegen der noch jungen Beziehung auf sein grosses Vorhaben zu verzichten, kam für ihn aber nicht in Frage. «Meine Freundin Tania unterstützt mich voll und ganz. Sie ist ebenfalls begeistert vom Reisen und hat volles Verständnis für mein Vorhaben. Sie freut sich sehr für mich.» Frangipane ist sich jedoch bewusst, dass der Anfang nicht leicht werden wird. «Ich bin ein emotionaler Mensch und werde sie bestimmt sehr vermissen.» Doch allzu lange werden die beiden nicht aufeinander verzichten müssen. Zuerst wird Frangipane mit einem Kollegen in Südamerika unterwegs sein, und voraussichtlich im Mai wird er in Kolumbien seine Freundin treffen. Einen Monat lang werden die beiden zusammen reisen. Frangipane hat vor, insgesamt rund neun Monate unterwegs zu sein. Danach wird er nach Hause zurückkehren und kurz darauf nach Asien weiterfliegen – mit Tania an seiner Seite. «Ich stürze mich in das Abenteuer, und danach folgt die gemeinsame grosse Reise mit meiner Freundin.»
Wohin es ihn in Südamerika genau verschlagen wird, das steht zurzeit noch nicht fest. Gebucht haben er und sein Freund erst die Unterkunft in der argentinischen Hauptstadt. «Danach möchten wir voraussichtlich weiter nach Patagonien, Chile, Uruguay und Brasilien. Mein Kollege wird dann ab Rio de Janeiro zurückfliegen.» Für seinen Trip hat der Fitnesstrainer seit dem Frühjahr gespart. Dass er zwischenzeitlich wieder bei seinen Eltern in Hünenberg See eingezogen ist, hat es ihm zusätzlich leichter gemacht, etwas Geld auf die Seite zu legen. Nichtsdestotrotz sagt Frangipane: «Es wird eine Herausforderung, mein Budget nicht zu überstrapazieren.» Er möchte deshalb möglichst oft in Hostels und einfachen Unterkünften nächtigen und den öffentlichen Verkehr nutzen. «Ich werde als Backpacker unterwegs sein. Dadurch lernt man auch viel besser die Einheimischen und neue Leute kennen.» Er hat sich informiert und denkt, dass er in Südamerika mit etwa 1500 bis 2000 Franken im Monat durchkommen wird.
Eine grosse Leidenschaft des 32-Jährigen ist das Fotografieren und Filmen. Auf seiner letzten Reise, die ihn nach Laos, Kambodscha, Vietnam, Thailand, Malaysia, Singapur, Hongkong, auf die Philippinen und nach Indonesien geführt hat, entdeckte er dieses Hobby für sich. Von diesem Trip sind mehrere Kurzfilme entstanden, die auf Youtube zu finden sind. Auf Instagram wiederum teilt er seine Schnappschüsse und Selfies. Für seine nächste Reise hat sich Frangipane eine neue Fotokamera, eine GoPro und eine Drohne gekauft. Auf die Frage, was das wichtigste Utensil in seinem Rucksack sei, sagt er denn auch ohne lange zu überlegen: «Die Fotoausrüstung.» Es gehe ihm darum, den Moment und die Schönheit der Natur festzuhalten. Das Rüstzeug dazu eignet er sich zu Hause vor der Haustüre an: auf der Rigi, am Bootssteg in Zug oder auf dem Zugerberg. «Dank meiner letzten Reise bin ich auch hier viel häufiger in der Natur. Ich habe gemerkt, wie gut das tut», berichtet Frangipane.
Was gibt ihm das Reisen, das Unterwegssein? Der Abenteurer hat gleich mehrere Antworten auf diese Frage. Auf einem Zettel hat er all die Gefühle, die sich bei ihm während der letzten Reise eingestellt haben, festgehalten. «Den Moment leben» heisst es da etwa. Oder «magische und einzigartige Momente». «Das einfache Leben», «eine innere Ruhe» und «die pure Freiheit auf einem noch nie gekannten Level». Ausserdem habe er die Erfahrung gemacht, dass man sehr wenig brauche, um zufrieden zu sein. «Unseren Materialismus in der Schweiz einmal hinter sich zu lassen, das ist ein wirklich gutes Gefühl.»
Fabio Frangipane freut sich nicht nur auf all die Erlebnisse und neuen Erfahrungen, die nun auf der anderen Seite des Atlantiks auf ihn warten – sondern auch auf die Zukunft. Seine Freundin Tania und er planen, in Zug eine gemeinsame Wohnung zu suchen. «Hier bin ich aufgewachsen, hier ist meine Familie, mein Freundeskreis, hier fühle ich mich daheim – auch wenn es mich jetzt in die Ferne zieht.» Als er dies schildert, ist es wieder da und nicht zu übersehen: das Leuchten in seinen Augen.
Hinweis
In unserer Jahresendserie porträtieren wir Zugerinnen und Zuger, bei denen im Jahr 2018 eine grosse Veränderung ansteht.