Das Gewerblich-industrielle Bildungszentrum Zug (GIBZ) geht weg vom «08/15-Unterricht»

Bei der Maurer-Ausbildung am GIBZ in Zug werden Themen fächerübergreifend verknüpft.

Cornelia Bisch
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Im neu geschaffenen Unterrichtsgefäss Forum Bau sprechen externe Referenten wie hier Lenz Zürcher aus Zug über ihre Berufserfahrungen.

Im neu geschaffenen Unterrichtsgefäss Forum Bau sprechen externe Referenten wie hier Lenz Zürcher aus Zug über ihre Berufserfahrungen.

Bild: PD

Donnerstag, 7 Uhr: Im Unterrichtsraum der Maurerlehrlinge im Gewerblich-industriellen Bildungszentrum Zug (GIBZ) stehen heute in der ersten Stunde nicht wie üblich Lehrer Pascal Kunz (Allgemeinbildung) oder Beda Schlumpf (Fachlehrer) vor den Lernenden. Auch die Klasse besteht nicht aus Vertretern nur eines einzigen Jahrgangs, sondern aus jenen des ersten und zweiten Lehrjahrs. Vor ihnen steht ein Ehemaliger, Lenz Zürcher aus Zug, der vor nicht allzu langer Zeit selbst hier die Schulbank drückte. Inzwischen hat sich der 24-Jährige zum Polier weitergebildet.

«Nach dem Lehrabschluss und einem viermonatigen Aufenthalt in Australien kehrte ich an meinen Arbeitsplatz zurück und fragte mich: Will ich ein Leben lang als Maurer arbeiten», berichtet Zürcher. Er habe sich dazu entschlossen, die rund einjährige, berufsbegleitende Vorarbeiterschule und im Anschluss daran die Ausbildung zum Polier in Sursee zu absolvieren. «Nun kann ich auf der Baustelle Führungsaufgaben und viel mehr Verantwortung übernehmen», erzählt der junge Mann. «Das ist interessanter, körperlich weniger anstrengend, und ich verdiene deutlich mehr.» Andererseits werde er nun auch zur Verantwortung gezogen, wenn etwas nicht rund laufe.

Junge Berufsfachleute als überzeugende Referenten

Lenz Zürcher stellt die beiden Lehrgänge detailliert vor und widmet sich anschliessend den Fragen der Lernenden. Es herrscht gespannte Aufmerksamkeit. Da steht einer von ihnen, nur ein paar Jahre älter, der bereits viel erreicht hat und ihnen eindringlich rät, sich weiterzubilden. Ausserdem: «Geht immer anständig mit den Leuten um. Dann habt ihr keinen Stress auf der Baustelle. Und bereitet euch gut auf Prüfungen vor. So spart ihr Geld und Zeit.»

«Wenn meine Lehrerkollegen und ich den Jugendlichen so etwas sagen, bewirkt das sicher weniger», ist Beda Schlumpf überzeugt. Deshalb laden er und Kollege Kunz immer wieder junge Berufsleute ein, die von ihrem Alltag berichten. Mit Unterstützung der Schulleitung wurde dafür ein eigenes Unterrichtsgefäss geschaffen, das sogenannte Forum Bau. «Auch der übrige Unterricht findet häufig stufen- und fächerübergreifend statt», erklärt Schlumpf. «Ziel dabei ist es, verschiedene Aspekte eines Themas zu verknüpfen und ihre Relevanz für den Berufsalltag der Lernenden von mehreren Seiten zu beleuchten.»

Gemeinsam mit Kollege Kunz behandelt Schlumpf gesellschaftspolitische Themen wie neue Baugesetze sowie nachhaltiges und verdichtetes Bauen und zeigt verschiedene Blickwinkel auf. «Oft ist eine Baustellenbesichtigung oder der Besuch eines Direktbetroffenen damit verbunden.» Auf diese Weise könnten Themen eindrücklich und interessant vermittelt werden, und die Informationen würden viel besser hängen bleiben.

«Kürzlich sprach ein Aspest-Fachmann zu uns», führt Schlumpf ein Beispiel an. Die Schilderungen seiner Erlebnisse und persönlichen Ängste seien viel glaubhafter gewesen, als wenn er als Lehrer und nicht Direktbetroffener über dasselbe Thema referiert hätte.

Berufsübergreifende Projekte

Gemeinsame Projekte unter verschiedenen Berufsgruppen sind in diesem Rahmen ebenfalls möglich. Die Lernenden Michael Gschwend (17), Karlo Radic (17) und Alain Ansermet (18) berichten über ein Architekturprojekt zum Thema Wohnen auf kleinstem Raum sowie über ein Kunstprojekt, das sie gemeinsam mit den lernenden Bauzeichnern beziehungsweise Schreinern realisiert haben. «Wir präsentieren unseren Beruf auch an Oberstufenschulen», berichtet Radic. Sämtliche Termine und Abläufe organisieren die Lernenden dabei selbst. «Viele Schüler wissen nichts über die Weiterbildungsmöglichkeiten und den guten Verdienst auf dem Bau», wirft Ansermet ein. Mit dem Vorurteil, Maurer sei ein Beruf nur für schwache Schüler, würden sie gründlich aufräumen, betont Gschwend. Ein durch die Lernenden selbst gestalteter Flyer unterstützt ihre Arbeit an den Schulen.

Im Anschluss an solche Projekte referieren die Lernenden in der Klasse oder einem erweiterten Kreis darüber und gewinnen so ein sicheres Auftreten und Übung darin, Prozesse zusammenzufassen.

«Für mich gibt es keine andere Unterrichtsform mehr als diese», stellt Beda Schlumpf klar. «Sicher bedeutet es mehr Aufwand für die Lehrpersonen. Aber es ist auch für sie viel interessanter und dankbarer als 08/15-Unterricht.»