Im Weinkeller «Im Chline Engel» keltern Zuger Rebleute ihre Trauben. Zum Einsatz kommt dabei ein fast 100-jähriges Gerät.
Rahel Hug
Etwas versteckt hinter einem Wohnhaus in der Nähe des Walchwiler Schulhauses liegt der Eingang des Weinkellers «Im Chline Engel». Hier werden seit 1975 Trauben zu edlen Tropfen verarbeitet – und dies mit traditionellen Gerätschaften. Die Weinpresse aus Holz, mit der die Winzer hier arbeiten, ist 94 Jahre alt. Die kleine Weinkellerei wurde im Jahr 1975 von einem Mitglied der Walchwiler Winzergemeinschaft gebaut. Seit zwei Jahren keltern die Mitglieder der Interessengemeinschaft Weingartenhof, die Reben im Guggi und im Gutsch in Zug bewirtschaftet, ihre Trauben im «Chline Engel».
Am vergangenen Freitag herrscht im kleinen Weinkeller Hochbetrieb. Die roten Trauben sind reif für die Verarbeitung. Der Walchwiler Winzer Klaus Süsse (75) hat kurz zuvor rund 100 Kilogramm seiner Blauburgundertrauben gelesen und sie nun zur Verarbeitung hergebracht. Zackig und gekonnt hievt er die Trauben mitsamt den Stielen in die alte Holzmühle – auch dieses Gerät ist über 70 Jahre alt. Thomas Heiner (45), technischer Leiter der IG Weingartenhof, hilft ihm dabei. Anschliessend drehen die beiden Männer so lange am grossen Rad, bis alle Trauben abgebeert und von der Mühle gequetscht sind. Die Maische wird in einem Behälter aufgefangen. Jetzt ist Kellermeister Ulrich Schobinger (86) am Zug. Mit einem sogenannten Refraktometer prüft er die Süsse des flüssigen Teils. «Fast 99 Oechsle», stellt der Önologe aus Zug zufrieden fest, um kurz darauf zu verkünden: «Das wird ein Traumjahr.»
Nach diesem Prozedere kommt die fast schon antike Holzpresse zum Einsatz. Klaus Süsse und Thomas Heiner leeren den Brei aus zerdrückten Früchten und Saft in das massive, mit einem Jutesack ausgekleidete Gerät aus Eichenholz. Die Maische wird anschliessend gepresst und der Saft von dem Trester – den ausgepressten Weintrauben – getrennt. In einem Kessel wird der süsse Most aufgefangen. Ulrich Schobinger nimmt ein Glas davon weg und misst den Säuregehalt. «11,2 Gramm pro Liter», ruft er und notiert die Zahl auf ein Blatt Papier.
Nun füllt Thomas Heiner den Saft in einen Edelstahltank. Später wird er den Most auf etwa 30 bis 35 Grad erhitzen, mit Hefe versehen und daraufhin wieder mit den Schalen mischen. Dann ist es Zeit für die Gärung. Am Ende dieses Prozesses wird der sogenannte Jungwein abgezogen. Nach dem Säureabbau, der einige Wochen dauert, überlagern die Winzer den Wein mit CO2. «Das bleibt dann bis zum Reifen im Tank», erklärt Weinexperte Heiner. Bevor der feine Tropfen schliesslich in die Flaschen kommt, muss er einige Monate lagern. «Im Frühling werden wir den Wein abfüllen», berichtet der Oberwiler.
Nur kurze Zeit, nachdem Klaus Süsse seine Früchte gepresst hat, kommt die nächste Ladung im «Chline Engel» an. Zwei Mitglieder der IG Weingartenhof bringen Trauben der Rebsorte Dornfelder zur Verarbeitung. 65 Kilogramm messen die Männer auf der alten Waage, um kurz darauf die neuen Trauben in die Mühle zu füllen. «Wir mischen diese nun mit dem Blauburgunder aus Walchwil», erklärt Thomas Heiner, «das wird ein sogenannter Cuvée.»
100 Kilo Trauben ergeben laut Heiner etwa 70 bis 75 Liter Wein. Eine bescheidene Ausbeute – doch die Mitglieder der IG Weingartenhof und Klaus Süsse sind mit ihrem Weinjahr zufrieden. Grosse Freude bereitet ihnen der Weisswein der Sorte Riesling-Silvaner, der bereits seit dem 22. September im Tank reift. «Unser Weisswein ist fantastisch», schwärmt Klaus Süsse. Weil er mit der alten Presse schonend verarbeitet werde, enthalte er weniger Bitterstoffe. Nach getaner Arbeit reinigen die Winzer die massiven Geräte mit dem Wasserschlauch. Im «Chline Ängel» wird richtig angepackt. «Wir sind halt hier noch ‹alte Schule›», sagt Thomas Heiner mit einem Lachen.