Wachstum ist die «Mutter aller Fragen» in der Zuger Raumplanungsdebatte

Der Richtplan beschäftigte das Parlament am Donnerstag den ganzen Nachmittag. Dieses Instrument bildet die Grundlage für die Entwicklung des Kantons bis ins Jahr 2040. Dabei wurde oftmals um Sätze und gar einzelne Worte gerungen.

Marco Morosoli
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Blick auf die Zug von Zugerberg. Bild: Maria Schmid (9. Juli 2016)

Blick auf die Zug von Zugerberg. Bild: Maria Schmid (9. Juli 2016)


Der CVP-Kantonsrat Heini Schmid (Baar) ist schlau. In der gestrigen Debatte über die Anpassung des kantonalen Richtplanes war er als Präsident der Kommission Raumplanung und Umwelt (RUK) öfters am Rednerpult gefragt. Zur Abkürzung des Laufweges zum Mikrofon tauschte er mit seinem Parteikollegen Andreas Hausheer (CVP, Steinhausen) den Platz. Hausheer sass in der vordersten Reihe ganz aussen, Schmid hingegen weiter hinten im Saal.

Der Platztausch hat sich für Schmid gelohnt. Die Beratungen über den Richtplan sind im Kantonsrat eine zähe Angelegenheit. Das hat auch damit zu tun, dass es in diesem Richtplan auch um das Thema geht, wie viele Menschen im Jahre 2040 innerhalb der Zuger Kantonsgrenzen leben werden. Heini Schmid sagte denn auch treffend: «Das Wachstum ist in der Zuger Raumplanung die Mutter aller Fragen.» Für Andreas Lustenberger (Baar, Alternative-die Grünen/ALG) ist dieses Papier, welches den Rahmen für die Weiterentwicklung des Kantons legt, «wohl eine der wichtigsten Vorlagen der ganzen Legislatur».

«Es fidnet kein Wachstum
für Schweizer statt.»
Manuel Brandenberg (SVP, Zug)

Der CVP-Redner Urs Raschle (Zug) betonte: «Es geht um nichts weniger als die Zukunft unseres Kantons.» Selbst die FDP als Wirtschaftspartei plädiert indirekt für ein Innehalten, sagte doch Daniel Stuber (Risch): «Ein möglichst schnelles Wachstum ohne Rücksicht auf die Qualität kann nicht in unserem Interesse sein.»

SVP ortet «Planwirtschaft»

Nüchtern betrachtet der SVP-Fraktionschef Manuel Brandenberg (Zug) den Richtplan. Dieser sei ein «Planungsinstrument». Es wisse ja niemand, «wie alles herauskommt». Brandenberg lief ebenfalls sehr häufig zum Rednerpult. Seine Fraktion ortete bei verschiedenen Sätzen oder gar Worten entweder «Planwirtschaft», «ein Eingriff in die Gemeindeautonomie» oder «die Grundlage für viele Vorschriften». In einem anderen Zusammenhang machte die SVP die Möglichkeit aus, daraus ein Roadpricing aufziehen zu können. Manuel Brandenberg forderte auch mal, gleich eine ganze Passage wegzulassen.

Auch beim Thema Wachstum wählte Brandenberg mit dem Segen seiner Parteikollegen im Saal eine andere Betrachtungsweise: «Es findet kein Wachstum für Schweizer statt.» Die Masseneinwanderungs-Initiative sei ein Warnschuss gewesen, werde aber nicht umgesetzt.

In Erstaunen versetzte Brandenberg den Kantonsrat, als er beliebt machte, es müssten mehr oberirdische Parkplätze zur Förderung des Individualverkehrs eingeplant werden. Die Anträge der SVP kamen allesamt nicht durch. Einzig der von Hans Baumgartner (CVP, Cham) eingebrachte Vorschlag, in den Plan zu schreiben, dass «auf neue Verkehrsinfrastrukturprojekte mit grossem Landverbrauch» verzichtet werden soll, nahm die Hürde. Das gleiche Schicksal erlitten die Einwürfe der Alternativen-die Grünen und der Grünliberalen. So fand unter anderem der Einschub einer 2000-Watt-Gesellschaft von Andreas Lustenberger (ALG) keine Mehrheit.

«Wir machen sehr vieles gut»

Ein häufiger Gast am Mikrofon war auch der Zuger Baudirektor Urs Hürlimann. Es sei mit Respekt zu anerkennen, wie sich der Kanton Zug entwickelt habe. Das sei so, weil «der Kanton Zug in allen Rankings der Schweiz immer in der Spitzengruppe zu finden sei». Hürlimann sagte deshalb: «Wir machen sehr vieles gut.» Auf ein tieferes Wachstum zu setzen, sei auch nicht die Lösung: «Bei der Planung müssen wir von einer realistischen Welt ausgehen.»

Der Richtplan sei deshalb so ausgelegt, dass «wir auf die Zukunft vorbereitet» sind. Es sei aber nicht opportun, auf tieferes Wachstum zu setzen, das bis ins Jahr 2040 mit rund 130'000 Einwohnern rechne. Es gehe ja nicht, dann an der Kantonsgrenze zu offenbaren: «Der Kanton Zug ist voll.» Auch Heini Schmid stellte in Bezug auf das Wachstum fest: «Die kritischen Stimmen gegen das Wachstum haben zugenommen.» Viele fänden auch ein «langsames Wachstum» in Ordnung. Laut Schmid seien mit dem Richtplaneintrag gemäss der Fassung der Kommission «die Behörden nicht mehr verpflichtet, das Wachstum auf Teufel komm raus zu fördern». Nach drei Stunden wurde die Verhandlung unterbrochen. «Es ist im Kantonsratssaal zu heiss», sagte der Kantonsratspräsident Daniel Thomas Burch (FDP, Risch).