In 24 Stunden von Zug aus 1600 Kilometer auf dem Elektromotorrad zurücklegen, dieses Ziel setzen sich Beat Strickler und sein Arbeitskollege Markus Barthoud. Sie schaffen es nicht ganz, auch weil nicht alle Ladestationen funktionierten. Für den Weltrekord reichte es trotzdem.
Beat Stickler trägt einen Virus in sich, einen Virus namens Elektromobilität. «Vor vier Jahren habe ich eine Fotovoltaikanlage auf meinem Dach angebracht, schnell hat sich die Frage gestellt, was kann ich mit der überschüssigen Energie anfangen», erinnert sich der 53-Jährige. Für Elektromobilität einsetzen, lautete Stricklers Erkenntnis. Denn es sei bereits heute möglich, auf fossile Energieträger zu verzichten, man müsse es nur wollen.
Um seine Erkenntnis in die Welt zu tragen, nimmt er, der sein Hobby, wie er sagt, zum Beruf gemacht hat, und bei der WWZ als Projektleiter Elektromobilität arbeitet, an verschiedenen Aktionen teil. So fuhr er beispielsweise mit einem Elektrovelo an der Wave-Trophy mit, der weltweit grössten Elektro-Rallye. «Da inzwischen Elektrovelos schon relativ akzeptiert sind, wollte wir nun auf die Vorzüge eines Elektromotorrads aufmerksam machen», so Strickler.
Der bisherige Weltrekord mit einem solchen Gefährt liegt bei 800 Kilometer in 24 Stunden. «Wir wollten 1600 Kilometer schaffen, und zwar nach Hannover und zurück, mit dem Ziel auszuprobieren, ob solch eine grosse Tour bereits auf einem Elektromotorrad machbar ist», so Strickler. Sie meldeten den Rekordversuch beim Guinness-Buch der Rekorde an und legten am Freitagmorgen, 1 Juni, um 7 Uhr los.
Beim Motorrad, das ihnen für den Versuch zur Verfügung gestellt wurde, handelt es sich um die Energica Ego. Diese gehört zu den ersten vollelektrischen Motorrädern und kann in 2.8 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen. Zudem soll sie zukünftig bei Moto-E-Klasse-Rennen mitfahren. «Und was ganz wichtig in Bezug auf die Praktikabilität ist, der Töff kann in weniger als 20 Minuten von 0 auf 80 Prozent aufgeladen werden», so Strickler.
Doch es lief nicht nur wie geplant. Wegen eines Staus kam Stricklers Kollege am Freitagabend schon mit einer Stunde Verspätung in Hannover an. Dort übernahm Strickler dann die Nachtfahrt zurück nach Zug. «Das Motorrad besitzt eine Reichweite von etwa 150 Kilometer. Wir haben uns im Voraus – dazu gibt es schon einige Tools – zirka alle 50 Kilometer zur Sicherheit eine Ladestation rausgeschrieben.»
In der Realität war es aber etwas komplizierter. «Zwar ist in Deutschland wenigstens die Markierung für Elektroladestationen an allen Tankstellen gleich, doch an welchem Parkplatz sich diese dann genau befinden, muss man erst vor Ort herausfinden», so Strickler. Zudem hätten die Stationen nicht alle das gleiche Zahlensystem. «Je nachdem muss man sich erst auf verschiedenen Plattformen registrieren und funktionieren tun auch nicht alle.»
«Deshalb konnten wir das Ziel nicht erreichen. Zudem stand auch ich noch in einem längeren Stau», so Strickler. Bei der Autobahnraststätte Mahlberg-West zwischen Offenburg und Freiburg war die Zeit dann um. «Und die Gesandten vom Guinness-Buch warteten beim WWZ-Hauptsitz in Zug. «Da wir aber trotzdem mit 1260 Kilometer mehr gefahren waren als der bisherige Rekordhalter, hatten wir eigentlich den Rekord trotzdem und mussten diesen nur noch bestätigen lassen.» Er habe also vor Ort die erstbeste Reisegruppe angesprochen, die dann Fotos von ihm und dem Kilometerstand gemacht hätte. Nun würden die Unterlagen gerade ans Guinness-Buch eingeschickt werden.
Die grosse Erkenntnis der Aktion sei, so Strickler, dass das Netz der Ladestationen noch dichter und einheitlicher werden müsse. Insgesamt seien sie aber sehr positiv überrascht: «So entsprach die benötigte Elektroenergie rund 12 Litern Benzin, ein normales Motorrad hätte 30 Liter benötigt.»
Auch das ruhige Fahrgefühl sei super. «Jeder, der mir sagt, das fehlt doch die Geräuschkulisse, dem entgegne ich, dass es auch mal schön ist, trotz anständigem Antrieb, die Vögel zu hören.» Und man fahre bewusster. «Wer nicht so einen grossen Vorrat an Energie für die Fahrt hat, beschäftigt sich auch viel mehr mit der Frage, wie er diese sparen kann, etwa wenn es abwärts geht», so Strickler.