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Kantonsrätinnen verlieren ihren Anspruch auf Entschädigung, wenn sie während des Mutterschaftsurlaubs an Kantonsratssitzungen teilnehmen. Die Zuger Exekutive zeigt Verständnis für den Unmut.
Politikerinnen und Mutterschaft – zwei Wörter, die offenbar nicht so richtig zusammen gehören möchten. Denn mit dem Postulat betreffend Teilnahme an den Kantonsratssitzungen bei Mutterschaft machten die CVP-Kantonsrätinnen Anna Bieri (Hünenberg) und Barbara Häseli (Baar) vor fast einem Jahr auf den Umstand aufmerksam, dass sich gewählte Politikerinnen bei Mutterschaft vor einer schwierigen Wahl befinden. Nehmen sie während ihres Mutterschaftsurlaubes an einer Kantonsratssitzung teil, verlieren sie den Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung. Diese beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das vorher erzielt wurde. Das Postulat beauftragte die Regierung rechtliche Grundlagen zu schaffen, damit eine Kantonsrätin während des Mutterschaftsurlaubs ihren Volksauftrag wahrnehmen kann.
Nun liegen Bericht und Antrag der Exekutive vor. Das Fazit: Der Regierung sind die Hände gebunden, denn der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung ist auf Bundesebene geregelt. Für deren Berechnung und Auszahlung ist die Ausgleichskasse des Kantons zuständig. Diese unterstehe zwar in administrativer Hinsicht dem Kanton, in fachlicher überwache jedoch das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) die Durchführung der Mutterschaftsversicherung, ist der Vorlage zu entnehmen.
Die regierungsrätliche Antwort auf das Postulat schafft Klarheit: «Nimmt eine Mutter während des Mutterschaftsurlaubs ihre Erwerbstätigkeit wieder auf, so prüft die Ausgleichskasse, ob dieser Erwerb hochgerechnet auf das ganze Kalenderjahr den Betrag von 2300 Franken übersteigen würde. Ist dies der Fall, verliert sie den Anspruch auf die gesamte Mutterschaftsentschädigung», heisst es in der Vorlage. Im Kanton Zug erhalten Mitglieder des Kantonsrates für besuchte Sitzungen 184 Franken pro Halbtag und übersteigen damit die erlaubte jährliche Betragsgrenze. Der Kanton hat die Problematik auch auf Bundesebene abgeklärt. Gemäss der Stellungnahme des BSV, die der Vorlage beigelegt ist, gibt es bei dieser Regelung keinen Spielraum für Parlamentarierinnen.
Dass die Antwort in diese Richtung geht, damit hat Postulantin Anna Bieri gerechnet: «Natürlich hätte ich mich über eine unerwartete Lösung gefreut.» Der Regierungsrat habe zudem das Gespräch mit den Postulantinnen gesucht und mehrere Möglichkeiten abgeklärt, weiss Bieri. «Der Regierungsrat hat das Problem erkannt und wollte eine Lösung finden», erklärt die CVP-Kantonsrätin. In der Vorlage schreibt der Regierungsrat, dass er das Anliegen verstehe und die Regelung schwierig nachzuvollziehen sei. Die Exekutive schlägt vor: «Eine Änderung des Bundesrechts kann allenfalls mit dem Instrument der Standesinitiative angeregt werden.» Diesen Ball haben die CVP-Parlamentarierinnen aufgenommen. Anna Bieri bestätigt:
«Wir werden eine Standesinitiative machen. Diese soll möglichst breit von den Fraktionen im Kantonsrat unterstützt werden.»
Es sei wichtig, den Vorstoss so zu formulieren, dass die Schutzfunktion des Mutterschaftsurlaubs weiterhin gegeben ist, sagt Bieri und fügt hinzu: «Der Job als Parlamentarierin ist anders zu gewichten als der Broterwerb.» Es sei schliesslich ein Volksauftrag, den die Parlamentarierinnen erfüllen möchten.
Die Behandlung des Postulats ist für den 4. Juli traktandiert. Gleichzeitig solle auch die Motion für die Standesinitiative eingereicht werden, sagt Bieri.