PARLAMENT: Fehlende Rechtssammlung gibt zu reden

Ein «vergessenes» Reglement hat die Stadt Zug rund 1,18 Millionen Franken gekostet. Dessen Aufhebung und eine Folgemotion haben an der gestrigen Parlamentssitzung zu emotionalen Voten geführt.

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So sollen die Alterswohnungen im Waldheim dereinst aussehen. (Bild: Visualisierung PD)

So sollen die Alterswohnungen im Waldheim dereinst aussehen. (Bild: Visualisierung PD)

Rund 1,18 Millionen Franken kostet die Stadt ein «veraltetes» Reglement, das bis vor kurzem ausserdem in Vergessenheit geraten war. Die Rede ist vom Reglement über die Förderung von Altersheimen und Alterswohnungen. Es wurde 1973 erlassen. Dank dieses Reglements kommen die Bürgergemeinde Zug sowie die Stiftung Alterszentren Zug in den Genuss finanzieller städtischer Unterstützung bei der Realisierung der Alterswohnungen im Waldheim.

Damit die Stadt nicht erneut über das Reglement «stolpert», beantragt der Stadtrat dem Grossen Gemeinderat, dieses abzuschaffen. Nach mittlerweile über 40 Jahren entspreche das Reglement nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten, argumentiert der Stadtrat.

Unbestrittene Abschaffung

Die Abschaffung des Reglements war denn auch unbestritten. Sprach sich doch das Parlament einstimmig (34 Stimmen) für dessen Abschaffung aus. Stefan Moos (FDP) rügte zuvor aber die Antwort des Stadtrats scharf. Sie sei zu positiv ausgefallen, monierte er. «Natürlich begrüssen wir die Aufhebung dieses 44-jährigen Reglements und stimmen dem Antrag des Stadtrats zu. Wir stören uns aber an der Art der Vorlage.» Sie vermittle nämlich den Anschein, der Stadtrat hätte vom Reglement Kenntnis gehabt und es jetzt als nicht mehr zeitgemäss beurteilt. Die Wahrheit sei aber eine andere. Der Stadtrat habe bei der ersten Verhandlung mit der Stiftung um Beiträge einen zehn Mal tieferen Betrag angeboten. «Der Stiftungsratspräsident stiess auf das Reglement und forderte den geschuldeten Betrag. Wir sind schon enttäuscht, dass die Vorlage nicht ganz ehrlich verfasst wurde», ärgerte sich Moos.

Hin und her um Abschreibung

Der Vorfall mit dem veralteten Reglement war für die FDP-Fraktion des Grossen Gemeinderats sowie einige Mitunterzeichner auch gleich Anlass für eine Motion. Gefordert wird darin, dass die Rechtssammlung der Stadt Zug auf ebensolche Fälle zu überprüfen sei. Zudem soll eine Zusammenstellung aller Erlasse, die älter als 15 Jahre sind mit entsprechenden Handlungsempfehlungen zuhanden des GGR gemacht werden und ein «verlässliches System» für die systematische Betreuung und Pflege der Rechtssammlung eingeführt werden.

Statt die drei Punkte klar und vollständig zu beantworten, versteige sich der Stadtrat zu schulmeisterlichen Belehrungen, rügte Eliane Birchmeier (FDP) die Antwort des Stadtrats auf besagte Motion. «Belehrungen gegenüber dem zeitweise etwas begriffsstutzigen Grossen Gemeinderat sind das eine, nicht den Tatsachen entsprechende Behauptungen aber das andere.» Birchmeier zitierte Urs Raschle, der einst in der Zeitung «ehrlich zugeben hat, dass auch dem Stadtrat nicht mehr bewusst war, dass es dieses Reglement gibt».

Auch Monika Mathers (CSP) regte sich über den Stadtrat mächtig auf: «Psst. Hören Sie ihn? Hören Sie den Amtsschimmel», begann sie ihren Unmut über die Antwort des Stadtrats. «Im Ernst, meine Damen und Herren. Wir sitzen in einem Milizparlament und nicht in einem Seminar für Jusstudenten.»

Stadtpräsident Dolfi Müller entschuldigte sich für die Antwort und änderte den verlangten Antrag. So sprach sich der Rat mit 31 Stimmen für die Teilerheblicherklärung und Nichtabschreibung der Motion aus. (st/kk)