Es geht voran auf dem geschichtsträchtigen Industrieareal in Cham. Zur ersten Etappe gehört unter anderem ein 41 Meter hohes Hochhaus.
Zwischen 2000 und 2500 Menschen sollen künftig hier wohnen und 900 bis 1000 Arbeitsplätze werden entstehen: Die Rede ist vom Papieri-Areal in Cham. Aktuell ist einiges im Gange auf dem Gelände. Anfang Juni sind die Bagger auf dem Gebiet der ehemaligen Papierfabrik aufgefahren und haben die ersten Abbruch- und Vorbereitungsarbeiten aufgenommen. Die Grundeigentümerin Cham Immobilien AG ist mit Hochdruck an der Planung der ersten Bauetappe, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Zu dieser ersten Etappe gehören auch das Hochhaus L und der Kesselplatz. Kürzlich lag bereits das Baugesuch für den Neubau auf, dessen Gebäudehöhe von rund 41 Metern knapp der Kaminhöhe des historischen Kesselhauses entspricht. Entstehen werden darin 46 Eigentumswohnungen.
Gegen das Projekt sind allerdings Einsprachen eingegangen laut dem Vorsteher Planung und Hochbau Rolf Ineichen. «Aber damit mussten wir leider rechnen», erklärt er und ergänzt: «Themen der Einsprachen waren sowohl die Höhe, die Verkehrserschliessung, die Anzahl Parkplätze als auch das zum damaligen Zeitpunkt noch nicht aufgelegte Energiekonzept.» Die Höhe des Gebäudes ist nach dem gültigen Bebauungsplan zulässig und das Konzept für die Verkehrserschliessung (siehe Box) als auch das Energiekonzept liegen zurzeit auf. Gegen die geplante unterirdische Energiezentrale mit Erdsondenfeld, welches im Gebiet künftig für die Wärme- und Kälteversorgung genutzt wird, sind keine Einsprachen eingegangen.
Doch das Hochhaus und die Energiezentrale sind nicht die einzigen Projekte, die auf dem geschichtsträchtigen Areal Form annehmen: Zur ersten Bauetappe, die rund 20 Prozent des gesamten Projekts umfasst, gehören auch der Umbau und die Umnutzung der alten Lokremise. Wo früher die Lok abgestellt und unterhalten wurde, will die Grundeigentümerin Cham Immobilien AG das Gebäude sanieren und aufwerten. Dazu erhält das historische Gebäude eine neue Energieversorgung, neue Fenster und eine komplette Fassadenrenovation. Der heutige Garagenanbau wird abgerissen und mit einem identischen Fussabdruck neu erstellt und in die Nutzungskonzeption des Gebäudes integriert. Ob die Cham Immobilien AG das sanierte Gebäude als Baubüro selber nutzen wird oder ob eine teilweise oder komplette Fremdvermietung zu Stande kommt, sei noch offen, schildert Rolf Ineichen.
Und noch ein weiteres Baugesuch liegt zurzeit auf: Geplant ist der Neubau der Lorzenbrücke, die das Baufeld (Papiermaschinen 1 bis 4) direkt an der Lorze erschliessen wird, und die Renaturierung des Flussraums Nord. Dabei vorgesehen sind der Rückbau der Kläranlage der Pavatex sowie die Begrünung und Renaturierung des Flussraums. Die neue Brücke, die dort zu stehen kommen soll, dient als Versorgungs- und Notzufahrt für den Teil der unter Schutz stehenden Gebäude an der Lorze und der künftig entstehenden Wohngasse. Die Renaturierung des Flussraums wird, wie in den Bestimmungen zum Bebauungsplan vorgeschrieben, mit dem Bau der Brücke in Angriff genommen. Rolf Ineichen führt aus: «Bei allen Bauetappen werden immer soweit sinnvoll die entsprechenden Aussenräume und Plätze mitentwickelt und gebaut. So entstehen von Anfang an attraktive Aussenräume.» Das Gebiet würde dadurch nicht zu einer einzigen grossen Baustelle. «Darum sind wir auch froh, dass die Cham Immobilien AG die Papieri von vorne nach hinten entwickelt und nicht an jeder Ecke zur selben Zeit mit den Bauarbeiten beginnt», so Ineichen.
Deutlich wird also: Das Papieri-Areal ist im Umbruch und das Projekt beschäftigt die Bevölkerung. «Das Interesse der Chamerinnen und Chamer ist spürbar. Nichtsdestotrotz gibt es manchmal Unklarheiten, weshalb es uns wichtig ist, früh und transparent zu informieren», bestätigt der Gemeinderat. Er blickt deshalb in die Zukunft und verrät, was in nächster Zeit ansteht. Im Herbst dieses Jahres wird laut Ineichen augenscheinlich das Baugesuch für die Papiermaschinen 1 bis 4 direkt am Fluss eingehen. Angedacht sind dort 52 Eigentumswohnungen mit Loftcharakter. Gegenüber soll im gleichen Zeitraum ein Neubau mit über 150 Mietwohnungen, von denen zirka 30 bis 40 preisgünstig nach WFG (Wohnbauförderungsgesetz des Kantons Zug) sein werden, entstehen.
Quer durch das Areal sind mehrere öffentliche Fuss- und Radwege geplant. Dazu gehört beispielsweise der Radweg von der Obermühlestrasse über die Werkstattgasse-Lorzenpark mit einer Weiterführung nach Friesencham und Hagendorn. Entlang des ostseitigen Lorzenufers ist zudem ein Fussweg auf Stegen entlang der historischen Fabrikmauern angedacht. Der Kredit für einen Fuss- und Radweg für den Langsamverkehr auf dem ehemaligen Papieri-Gleis wurde ausserdem an der Gemeindeversammlung im Juni genehmigt. «Damit entstehen gute Verbindungen ins Zentrum von Cham», sagt der Abteilungsleiter Verkehr und Sicherheit Marc Amgwerd. Das Baugesuch, welches aktuell aufliegt, sieht zudem ein durchgehendes Trottoir und eine öffentliche Beleuchtung an der Fabrikstrasse bis zur Tiefgarage vor. «Zudem planen die Cham Immobilien AG und die Gemeinde die Einführung einer Tempo-30-Zone im Gebiet Fabrik- und Obermühlestrasse», weiss Amgwerd. Befahrbar für Automobilisten wird das Gebiet «Papieri» künftig auf dem geplanten Erschliessungsring innerhalb des Areals nördlich des Kesselhauses sein. Dieser Erschliessungsring wird mit den zukünftigen Bauetappen erstellt. Auch beim öffentlichen Verkehr gibt es, aufgrund einer durch die Gemeindeversammlung erheblich erklärten Motion der SVP aus dem Jahr 2017, eine erfreuliche Neuerung: Auf den Fahrplanwechsel am 10. Dezember wird die Buslinie 42 von Cham bis nach Knonau verlängert. «Und in Knonau sind die Verbindungen mit der S5 nach Affoltern und Zürich attraktiv», so der Abteilungsleiter. (vv)
In der gleichen Etappe ist auch die Umnutzung des gebietszeichnenden Kesselhauses vorgesehen. Doch nicht nur die Cham Immobilien AG ist intensiv am Planen: Auch die Gemeinde wird auf dem Gelände aktiv. Das Lagerhaus, welches vom Kampfsportverein Shinson Hapkido und der IG Langhuus zwischengenutzt wird, erfährt eine Sanierung: An der Gemeindeversammlung im kommenden Dezember soll von den Stimmenden der Kredit dafür eingeholt werden. «Beim Lagerhaus haben wir uns entschieden, nicht nur Kleinigkeiten auszubessern, sondern alle erforderlichen Massnahmen auf einmal zu realisieren, sodass wir einige Jahre keine Veränderungen mehr vornehmen müssen», sagt Ineichen. Neben der Dachsanierung und Gebäudeisolierung wird eine zentrale WC-Anlage wie auch eine Heizung eingebaut. Die zwei multifunktionalen Räume à je ungefähr 270 Quadratmeter werden danach wieder individuell von den Vereinen genutzt werden können oder stehen auch für künftige, heute noch nicht bekannte öffentliche Nutzungen zu Verfügung. Wann ist der Baubeginn der Sanierung geplant? «Voraussichtlich im Sommer 2020», antwortet der Vorsteher Planung und Hochbau und ergänzt: «Die Arbeiten werden dann wohl ein Jahr dauern.»
Bei einem Projekt dieser Grösse gilt es den Überblick zu behalten, wie Rolf Ineichen weiss. «Deshalb ist die Koordination entscheidend. Wir müssen vorausdenken und freuen uns, dass wir mit allen Beteiligten Hand in Hand arbeiten», schildert er. Auch deshalb, weil Cham sonst eher einen dörflichen Charakter habe und das Papieri-Areal doch eher städtischer werde. «Es muss zum Rest der Gemeinde passen», findet Ineichen. Eine Herausforderung in der Vergangenheit sei die Erstellung des Bebauungsplans und der dazugehörigen Bestimmungen gewesen. «Jetzt werden wir sehen, ob das so funktioniert, wie es angedacht wurde», resümiert Ineichen.
Wie sich die gesamte Gemeinde künftig entwickeln soll, wird im Rahmen des sich in Arbeit befindenden Raumentwicklungskonzepts beantwortet. Für die Chamer Bevölkerung findet am 13. und 14. September ein Mitwirkungsanlass im Lorzensaal statt. Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es unter www.cham.ch/ortsplanungsrevision. Anmelden kann man sich auch direkt bis zum 30. August bei rahel.koeppel@cham.ch.