Leserbrief
Niemand muss den Teufel an die Wand malen

Zum Extrablatt der SVP, das letzte Woche in der Schweiz verteilt wurde

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Letzte Woche flatterte das Extrablatt, diesmal mit fast verstecktem Sönnelchen, aber mit einem Teufel, der grimmig ein grünes Blatt in der Faust hält, in den Briefkasten. Ich fragte mich, wollen die Millionäre und Milliardäre uns beibringen, wie wir zu denken haben? Ich blätterte das Blatt durch und überlegte mir, wohin die Herren Köppel, Glarner, Aeschi, Keller, dazu noch weitere und Madame Martullo die Schweiz führen würden, wenn es nicht freie Wahlen gäbe. Als Liberaler beschäftigt mich diese Wucht, mit der das Extrablatt auftritt und die richtige Meinung von der Kanzel herab verkündet. Solange die Schweiz und die EU sich den Werten der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Freiheit und der Solidarität verpflichtet fühlen, braucht uns niemand den Teufel an die Wand zu malen. Die EU ist übrigens im Moment der einzige Kontinent, der sich konsequent für die Demokratie einsetzt. Jeder Liberale weiss, dass die Gesellschaft und die Staaten nicht vollkommen sind und nach Verbesserungen verlangen. Er weiss aber auch, dass dort, wo die Meinungen frei und vielfältig sind, gravierende Fehlentwicklungen korrigiert werden. So ist es auch möglich, dass die Schweiz das Nötige beitragen kann, um den wissenschaftlich bewiesenen Klimawandel einzudämmen. Die köppelsche Teufelsaustreibung ist im Grunde wie der frühere Exorzismus der katholischen Kirche.

Andreas Iten, Unterägeri