Was macht ein Matrose im Winter? Wie rasch kann ein Kursschiff bremsen? Und was erlebt man als Schiffsführer auf dem Zugersee?
Sie haben zurzeit den wohl schönsten Arbeitsplatz im ganzen Kanton: Schiffsführer Urs Arnold und Matrose Sepp Herzog. Die beiden stehen an Deck des MS Rigi, welches am Dienstag Schützenmatt sanft auf den Wellen schaukelt.
Herzog macht Mikrofone und Kasse bereit
und hängt Fahnen auf. Währenddessen kontrolliert Arnold die Maschinen und spricht sich mit dem Caterer ab. Schliesslich soll alles bereit sein, wenn die Gäste an Bord des Lunchschiffs gehen.
Kurz darauf drückt der Schiffsführer in der Kommandobrücke einen unscheinbaren grünen Knopf – und das durchdringende Tuten des Signalhorns erklingt. Die MS Rigi legt ab Richtung Landsgemeindeplatz. Während Arnold das Schiff steuert,
steht Herzog am Heck und warnt den Schiffsführer per Funk vor Schwimmern und Booten. «Wenn das Motorschiff rückwärts fährt, bin ich seine Augen und Ohren», sagt Herzog. Am Landsgemeindeplatz angekommen, wird der Matrose kurzerhand zum Putzmann – mit einem Spezialbesen entfernt er Spinnweben vom Steg.
Als die Gäste eintreffen, stehen Matrose und Schiffsführer bereit, um sie zu begrüssen. Das sei von Gesetzes wegen nötig, damit keiner ins Wasser falle, erklärt Urs Arnold. «Zudem ist es eine schöne Eigenschaft der Schifffahrt auf dem Zuger- und dem Ägerisee, dass wir Zeit für die Gäste haben», ergänzt Schifffahrtsleiter Philipp Hofmann. Mit der Zeit kenne man die Gäste und viele kämen spontan vorbei. Wie um seine Aussage zu bestätigen, piept in diesem Moment Hofmanns Handy. Stadtrat Urs Raschle fragt, ob man sich zum Lunch treffen könne.
Knapp 40 Passagiere haben sich für die heutige Lunchfahrt angemeldet, das ist etwas weniger als üblich – wohl weil es so heiss und Ferienzeit ist. Nachdem alle Gäste an Bord sind, mehrheitlich Geschäftsleute und Senioren, legt das MS Rigi ab. Urs Arnold manövriert das Motorschiff vom Steg weg Richtung Oberwil. Bei der Badi Seeliken greift Arnold zum Feldstecher. Rund 150 Meter vor dem Kursschiff ist im Wasser ein schwarzes Hindernis zu erkennen.
«Eine Möwe», erklärt der Schiffsführer nach dem Blick in den Feldstecher, «hätte aber auch ein Schwimmer sein können.» Da das 230 Tonnen schwere Schiff einen Bremsweg von zwei Schifflängen habe und nur langsam reagiere, müsse er weit vorausschauen. Es komme immer wieder vor, dass wegen Motorbooten, Pedalos und Schwimmern gebremst werden müsse. «Daneben sorgt der Wind für den grössten Nervenkitzel. Besonders die Anlegemanöver sind bei starkem Wind und Wellengang schwierig», verrät der Schiffsführer. Auch der Seepegel werde vermehrt zur Herausforderung, da die Gefahr besteht, mit dem Propeller den Grund zu berühren.
Während Arnold das Schiff steuert, führt Matrose Sepp Herzog eine Kontrolle im Motorraum durch. Er prüft unter anderem Öldruck und Keilriemen, in der 40 Grad heissen Luft hängt der Geruch nach Diesel, es ist dröhnend laut. Danach werden die Toiletten kontrolliert und Herzog hilft im Service aus. Matrosen und Serviceangestellte sind ein eingespieltes Team. Serviceangestellten helfen beim Festbinden des Schiffs,
Matrosen beim Bedienen der Gäste.
Arnold und Herzog sind zwei der zehn Festangestellten der Zugerland Verkehrsbetriebe (ZVB), die auf dem Zugersee arbeiten.
Die Zusammenarbeit mit der ZVB habe Vorteile, betont Hofmann. «Während andere Schifffahrtsgesellschaften im Winter kaum Arbeit haben, sind unsere Mitarbeiter dann stärker bei der ZVB eingespannt. Das ermöglicht stabile Personalzahlen, wodurch wir viele langjährige Mitarbeiter mit Erfahrung haben.»
So sind Arnold und Herzog neben der Schifffahrt als Busfahrer, Fahrgastkontrolleure und für die Zugerbergbahn im Einsatz. Die Arbeit sei abwechslungsreich, aber anstrengend, betont Arnold. «Für den Wechsel zwischen Bus, Bahn und Schiff müssen wir flexibel sein und spontan umschwenken können.»
Mittlerweile ist das MS Rigi nach einem Zwischenstopp in Cham auf dem Weg zurück nach Zug. Er müsse nachher gleich weiter, verrät der Schiffsführer, am Nachmittag steht ein Hochzeitsapéro auf dem MS Schwyz an. Bisher sei glücklicherweise noch keine Braut über Bord gegangen, witzelt er. «Einmal ist während eines Hochzeitsapéros aber ein Schiffsmotor nicht angesprungen. Da wurden wir nervös, weil der Ehemann Polizist war.» Vom 23. bis 25. August gibt es für Herzog und Arnold Sonderschichten: Dann fährt das Schwinger-Shuttleschiff von Arth zum Eidgenössischen.