Seitenblick
In letzter Zeit kommt mir häufig ein Sketch des Zuger Komiker-Duos Divertimento in den Sinn: Der eine ist vor kurzem Vater geworden und zeigt dem anderen laufend Bilder seines süssen Nachwuchses. Der andere findet das bezaubernd – allerdings nur vordergründig, eigentlich langweilen ihn die Bilder und er findet, dass sich die Kinder auf den Fotos kaum unterscheiden.
Auch ich finde mich oft in einer solchen Szene. Ich bin in der entsprechenden Situation die Person mit dem Natel in der Hand – nur um das schon mal klarzustellen. Hier steht der Kleine zum ersten Mal auf seinen Beinen, stolz grinst er in die Kamera. Ich bin fast genauso stolz und mein Herz schmilzt dahin. Auf dem nächsten Bild isst er zum ersten Mal selbstständig eine Himbeere, was für ein Meilenstein!
Sein Gesicht, die Hände, der Latz und sogar der Tisch, alles ist verschmiert. So süss, denke ich. Doch eigentlich, mit etwas Distanz betrachtet, ist das Ganze eher unappetitlich. Der Gedanke kommt mir allerdings erst im Nachhinein beim Rekapitulieren und ich werde fast rot beim Gedanken, dass ich das Bild meinen Kollegen während des Mittagessens zugemutet habe.
Doch Bilder alleine genügen nicht, auch Videos müssen Arbeitskollegen, Freunde und Familie regelmässig über sich ergehen lassen. Und das, obwohl ich mir im vornhinein geschworen habe, nicht jeden mit Babyfotos und Babygeschichten zu überhäufen. Immerhin bin ich auch mit Kind immer noch die gleiche Person wie vorher, dachte ich. Ich möchte mich auch über andere Dinge als Schlafmangel, Brei-Rezepte und Fortschritte des Babys unterhalten können.
Aber es geht nicht – oder kaum. Es ist ein innerer Drang, den ich praktisch nicht aufhalten kann: Ich möchte über meinen Sohn sprechen, allen erzählen, wie wundervoll, klug und witzig er ist – wohlwissend, dass das gar nicht alle interessiert und es wahrscheinlich auch gar nicht stimmt. Er ist einfach ein ganz normales Baby. Aber er ist halt mein Baby.
Ich befürchte, es kommt noch die eine oder andere Entwicklungsstufe oder Phase, die ich, wenn es so weit ist, unbedingt kommunizieren muss. Glücklicherweise treffe ich mit meinen Geschichten oft auf offene oder besser gesagt wohlwollende Ohren – und falls ich in nächster Zeit den Einen oder Anderen mit Baby-Anekdoten langweile: Es tut mir leid. Ich hoffe, auch das ist nur eine Phase.