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Seit einem Jahr müssen Schafe und Ziegen bei der Tierverkehrsdatenbank (TVD) registriert werden. Für Züchter ist dies ein erheblicher Aufwand. Saro Keinath aus Menzingen erzählt.
Er besitzt 300 Schafe. Im Winter, der Ablammsaison, kommen täglich etwa zehn Lämmer hinzu. Sie alle muss Landwirt Saro Keinath aus Menzingen gemäss Weisung des Bundesamts für Landwirtschaft innerhalb von drei Tagen bei der Tierverkehrsdatenbank (TVD) mit Datum und Ort der Geburt bei Lämmern, Alter und Herkunft beim Ankauf erwachsener Tiere sowie generell mit Rasse, Abstammung und Nummer registrieren. Dasselbe gilt bei Verschiebungen aller Art, wie beispielsweise beim Verkauf oder Ableben eines Tieres. Wenn der Bauer sommers mit seiner sowie den Herden anderer Landwirte auf die Alp zieht, meldet er jedes Tier auf dessen heimatlichen Hof ab und auf der Alp wieder an. Die Datenbank gibt also jederzeit darüber Auskunft, wo sich ein Tier gerade aufhält, in wessen Besitz oder Obhut und in welchem gesundheitlichen Zustand es ist. Jedes Schaf erhält ausserdem zwei Ohrmarken, eine davon mit Datenchip.
«Der Zweck der Kontrolle des Tierverkehrs besteht einerseits in der Tierseuchenbekämpfung, andererseits in der Qualitätssicherung der Lebensmittel tierischer Herkunft», erklärt Ueli Staub von der Geschäftsstelle des Zuger Bauernverbands und betont:
«Auf diese Weise ist die Rückverfolgbarkeit des Tieres gewährleistet.»
Für Pferde und Rindvieh bestehe diese Pflicht schon länger, fährt Staub fort. Die neue Registrierungspflicht für Ziegen und Schafe sei im letzten Jahr quasi als Pilotprojekt angelaufen. «Ab Januar 2021 werden entsprechende Sanktionen erhoben, wenn sich ein Landwirt nicht an die Regeln hält und ein Tier zu spät oder mit falschen Angaben registriert.»
«Fehler sind schnell passiert», stellt Saro Keinath fest. Denn die Datenbank reagiere sofort, wenn beispielsweise die Abmeldeinformationen beim Verkauf eines Tieres nicht haargenau mit jenen der Neuanmeldung durch den Käufer übereinstimmten. Die 4.50 Franken, die er bei der Geburtsmeldung eines jeden Tiers erhält, werden ihm bei einem Fehler wieder abgezogen. Auch die vorgeschriebenen Ohrmarken kosten Geld, knapp zwei Franken pro Tier plus Versandkosten.
Um der Situation bei einer solch grossen Herde Herr zu werden, schaffte sich der 46-jährige Landwirt ein Lesegerät an, mit dem er die im Chip der Ohrmarken gespeicherten Daten einlesen kann. «Unglücklicherweise kann ich diese Daten aber nicht direkt auf die TVD übertragen, sondern muss sie erneut im Computer eingeben. Die Systeme kommunizieren nicht miteinander. Das kostet eine Menge Zeit.»
Man sei zwar daran, eine App dafür zu entwickeln, deren Benützung aber wiederum 200 Franken pro Jahr kosten werde. Dazu sagt Keinath:
«Natürlich steht auch für uns Schäfer das Tierwohl an oberster Stelle. Aber ich finde, wenn der Bund uns schon Vorschriften und Weisungen erteilt, so muss er doch auch für eine praktikable Abwicklung mit funktionierender Schnittstelle sorgen.»
Ein solches System müsse seiner Ansicht nach ausgereift sein, bevor man Bauern in die Pflicht nehme. «Der administrative Aufwand wird immer grösser. Aber wir wollen schäfern, nicht im Büro sitzen.» Die dafür aufgewendete Zeit fehle bei der Pflege der Tiere. «Ausserdem haben ältere Landwirte oft Mühe, da überhaupt noch durchzublicken und geben stattdessen auf.»
Die tendenzielle Zunahme der administrativen Pflichten sorge für Unmut bei den Bauern, bestätigt auch Thomas Rickenbacher, Präsident des Zuger Bauernverbandes und selbst Landwirt. Dafür hat er Verständnis. «Der Zeitaufwand wird trotz elektronischer Abwicklung, die das Ganze ja einfacher machen sollte, in vielen Bereichen grösser.» Oft sei die Sachlage kompliziert und schwer verständlich, das Frustpotenzial bei den Bauern infolge dessen hoch.
Auf dem Landwirtschaftsamt bekomme man jedoch stets wertvolle Unterstützung. «Die elektronische Datenerfassung hat ja auch ihre grossen Vorteile: Es fällt viel weniger Papier an, und alles ist besser kontrollierbar.» Vor allem, was die Seuchenbekämpfung anbelange, sei die sorgfältige Registrierung der Tiere von grossem Vorteil. «Wenn einem das Wohl der Tiere am Herzen liegt, kann man dem nicht grundsätzlich negativ gegenüber stehen.» Es schütze auch die Bauern selbst, wenn sie wüssten, woher eine Seuche komme. Im Fall der Schafe und Ziegen ist dies vor allem die Moderhinke, eine zwar nicht tödliche, aber sehr schmerzhafte und hochansteckende Erkrankung der Klauen, die das Stehen und Gehen für die betroffenen Tiere erschwert.