Auf Würfelspiele sind Kinder und viele Erwachsene geradezu versessen. Andere begreifen nicht, warum.
Dass ich gerne jasse, wissen aufmerksame Leserinnen und Leser dieser Zeitung möglicherweise bereits. Nun, auch Brettspiele aller Art finde ich grossartig. Allen voran «Brändi Dog». Lange Abende haben wir früher mit dem Klassiker verbracht. Das Spiel bietet die perfekte Mischung zwischen Strategie und Glück - oder eben Pech. Eine Art Eile mit Weile, nur eben raffinierter.
Wenn einen der Gegner kurz vor Zieleinzug knallhart erwischt, geht der Ärger ins Bodenlose. Umgekehrt macht es richtig Spass, die Pläne des Gegenteams zu durchkreuzen, Schadenfreude inklusive. Klar ist aber: Fairplay muss sein. Mit schlechten Verlierern zu spielen, ist nicht witzig. Genauso wie es nervt, wenn die Siegerin nach Spielende noch lange auf ihrem Erfolg herumreitet. Nach einer nervenaufreibenden «Dog»-Partie schmeckt das gemeinsame Bier noch besser - egal ob man zu den Gewinnern oder den Verlierern gehört.
Noch sind meine Kinder zu klein für das durchaus anspruchsvolle Brettspiel mit Fun-Faktor. «Obstgarten» ist momentan bei uns zu Hause hoch im Kurs. Die Spieler würfeln eine Frucht, die sie dann vom Baum «pflücken» dürfen. Entweder gewinnen alle zusammen - oder aber der böse Rabe, der die Früchte stibitzt. Der Eifer hält sich noch in Grenzen, mitmachen ist alles, was zählt. Das Spiel ist total harmlos. Wer weiss, vielleicht vergeht mir später, wenn die Kinder grösser sind, auch die Lust auf «Brändi Dog» -, wie es bei Kollegin Bisch geschehen ist.
Als Mutter zweier und Gotte dreier Kinder mit unendlichem Eile-mit-Weile- und – oh Graus – Monopoly-Spielbedarf habe ich ein wahres Brettspiel-Trauma davongetragen. Nicht nur, dass die Knirpse eine Ausdauer wie Profi-Marathonläufer an den Tag legten, ich musste als friedliebende Person zudem dafür Sorge tragen, dass keines allzu oft verlor, und entsprechend stressreich im Hintergrund die Fäden ziehen.
Unbegreiflich war mir stets der gewaltige Eifer, den manche - nicht nur kleine - Menschen an den Tag legen, sobald sie vom Spielfieber erfasst werden. Als ginge es ums nackte Überleben. Mit glasigem Blick und sabberndem Mund verfolgen sie Flugrichtung, Drehzahl und Auftreffwinkel des Würfels, um vor Spannung fast durchzudrehen, bis dieser endlich zum Stillstand kommt und die Zahl der oberseitigen Punkte preisgibt.
Ist diese hoch, brüllen sie wie von Sinnen: «eine Sechs!!!», und tanzen wild ums Brett herum. Die ganz Fiesen hängen noch ein «Ätsch!» in Richtung der Mitspielenden an. Ist die Zahl nachhaltig tief, folgt auf die Enttäuschung nicht selten eine gewisse Gehässigkeit. Das Ganze steigert sich natürlich ins Unermessliche, sobald ein Gewinner beziehungsweise Verlierer feststeht. Puh, Entspannung mit Freunden sieht für mich definitiv anders aus.