Politikerin Tabea Zimmermann Gibson über die Herausforderungen der Alterspolitik.
Vor gut zwei Wochen wurde ich von den Delegierten des Kantonalen Seniorenverbandes einstimmig zur Präsidentin gewählt. Ich fühle mich sehr geehrt über dieses Vertrauen, welches mir die Anwesenden so aussprachen! Die Altersthematik ist nämlich nicht einfach eine private Angelegenheit. Vielmehr ist sie immens politisch und gesamtgesellschaftlich relevant.
In den nächsten zwei Jahrzehnten beschleunigt sich die Alterung unserer Bevölkerung. Bis 2040 wächst die Bevölkerung der Altersklasse 65+ gemäss mittlerem Szenario um gut 50 Prozent und die der Altersklasse 80+ um knapp 90 Prozent. Der Bedarf an Strukturen für die Pflege und Betreuung der älteren Bevölkerung wird deshalb bis 2040 um die Hälfte ansteigen. Schon jetzt kämpft aber das Gesundheits- und Sozialwesen mit einem Fachkräftemangel.
Keine Partei und keine Organisation kann diese Probleme alleine lösen. Wir alle – die Politik, die Wirtschaft und wir als Gesellschaft – müssen die vor uns liegenden Herausforderungen vorausschauend angehen. Wir können nicht einfach verwalten, was wir schon haben: Wir müssen neue Wege gehen. Neue Wege bei den Renten, bei der Gesundheitsversorgung und beim Wohnen.
Das AHV-Rentenalter für die Frauen ist bereits angehoben worden. Nun braucht es gute Lösungen in der 2. Vorsorgesäule. Auch Arbeitende mit kleinen Einkommen und kleinen Pensen müssen Zugang zum Pensionskassen-Rentensystem bekommen. Was den Frauen bei der AHV-Reform versprochen wurde, muss jetzt eingehalten werden.
Altersarmut betrifft Frauen viel stärker als Männer. Ergänzungsleistungen können das Schlimmste zwar oft verhindern, werden aus Unwissenheit oder Scham aber oft nicht beantragt. Wenn die Rente mit den Ausgaben nicht mithalten kann, spielen im Kanton Zug auch die Wohnkosten eine grosse Rolle.
Der Ruf nach bezahlbarem Wohnraum ist im Kanton Zug bei jungen Menschen und Familien schon lange laut. Jetzt wird er auch bei pensionierten Menschen immer lauter. Doch nicht nur bezahlbares Wohnen, auch betreutes Wohnen wird bei der aktuellen demografischen Entwicklung zentral bei der Frage, ob unsere Seniorinnen und Senioren im gewohnten Umfeld möglichst lange selbstbestimmt und eigenständig wohnen und leben können.
Einer der grössten Stolpersteine für das Angebot von betreutem Wohnen ist die nicht geregelte Finanzierung von Betreuungsleistungen. Vor fast drei Jahren habe ich im Kantonsrat einen Vorstoss zur Erstellung einer kantonalen Altersstrategie initiiert, welcher der Kantonsrat erheblich erklärt hat. Die Zuger Regierung ist nun dabei, diese Strategie auszuarbeiten.
Wir erwarten, dass dabei nicht nur die Frage der Gesundheitsversorgung, sondern auch die der Finanzierung der Betreuung geklärt wird. Ohne Betreuung kann keine Altersstrategie erfolgreich sein. Welche Strukturen erlauben es den älteren Menschen, zu Hause zu leben und dort betreut zu werden? Wie werden betreuende Angehörige unterstützt?
Zu Hause wohnen ist billiger als ein Heimaufenthalt, für die Betroffenen und den Kanton. Noch wichtiger als dieser finanzielle Aspekt ist jedoch die Frage nach unserer Würde und Selbstbestimmung. Wir verdienen Respekt nicht nur, wenn wir arbeitsfähig sind und Steuern zahlen, sondern auch, wenn wir schwächer werden und auf die Unterstützung von anderen angewiesen sind. Eine Gesellschaft ist so stark wie ihr schwächstes Glied. Setzen wir uns dafür ein, dass wir einen gesellschaftlich und menschlich starken Kanton haben.
In der Kolumne «Zuger Ansichten» äussern sich Kantonsrätinnen und Kantonsräte zu einem frei gewählten Thema. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.