Kolumne «Zuger Ansichten»
Das Ende der Gemeinde-Tageskarten: Ein unverständlicher Abbau

Die Abschaffung einer Dienstleistung im gesamten Kanton Zug irritiert.

Andreas Lustenberger, Kantonsrat Alternative – die Grünen, Baar
Andreas Lustenberger, Kantonsrat Alternative – die Grünen, Baar 1 Kommentar
Drucken

Ja, wie habe ich mich jeweils als Kind in den Pfadilagern gefreut, wenn wir mit dem Postauto den Pass hochgekurvt sind und bei jeder unübersichtlichen Stelle zünftig gehornt wurde. Ein guter ÖV gehört zur Schweiz wie das Matterhorn oder die Chriesibäume zum Kanton Zug. Ob mit Bahn, Bus, Schiff oder Postauto, mit dem ÖV ist bei uns fast jeder Ort erreichbar. Und ja, Bahn fahren ist leider nicht ganz günstig.

Für die gestiegenen Abo-Preise der letzten Jahre habe ich als ÖV-Fan wenig Verständnis. So richtig geärgert habe ich mich aber über die Meldung der Zuger Gemeindepräsidentenkonferenz, welche mitten in den Sommerferien mitteilte, dass die allseits beliebten Gemeinde-Tageskarten ab 2024 in unserem Kanton nicht mehr angeboten werden.

Während meiner Lehre auf der Gemeindeverwaltung kam ich erstmals mit den vergünstigten Tageskarten in Berührung. Sie waren äusserst beliebt und jeweils Wochen im Voraus ausgebucht. Verständlich, denn mit einer solchen Tageskarte hiess es: «Freie Fahrt in der ganzen Schweiz» und dies für 40 Franken. In den vergangenen Jahren habe ich in meinem Beruf bei der Caritas viele Menschen kennengelernt, die finanziell knapp dran sind. Insbesondere Familien sowie Leute im Pensionsalter. Die SBB haben Anfang Jahr entschieden, das Angebot in der heutigen Form zu verändern, sie haben zusammen mit dem nationalen Gemeindeverband sowie dem Städteverband eine Nachfolgelösung präsentiert.

Dass dieses neue Angebot für die Verwaltung etwas komplizierter als das bisherige Modell ist, ist unglücklich. Es gibt neu verschiedene Preisstufen, je nachdem, wie früh man eine Tageskarte bucht. Der günstigste Preis liegt bei 39 Franken, also gleich viel wie heute. Ebenfalls sind die neuen Tageskarten personalisiert, weshalb man mit einem Ausweis bei der Gemeindekanzlei vorbeigehen muss. Für die Bevölkerung ändert sich wenig bis nichts, für die Gemeinden ist der Aufwand etwas grösser.

Letztlich muss nun jede Gemeinde entscheiden, ob sie auch nach 2023 weiterhin vergünstigte Tageskarten für ihre Bevölkerung anbieten will. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus, aber ein Blick über die Kantonsgrenzen zeigt, dass Gemeinden verschiedenster Grössen weiterhin solche Tageskarten anbieten. So etwa die Gemeinden Sarnen und Bonstetten oder die Stadt Winterthur.

Die Zuger Gemeinden haben unisono entschieden, dass sie diese Dienstleistung nicht mehr anbieten wollen. Dabei argumentieren sie hauptsächlich mit dem zusätzlichen Aufwand für die Verwaltung. Ebenfalls könne bei den SBB eine günstigere Spartageskarte für nur 29 Franken bezogen werden. Man muss aber wissen, dass die SBB dafür ein flexibles Preismodell anwenden. Ein Blick auf die Homepage genügt, um zu sehen, dass die flexiblen Preise de facto immer über 40 Franken liegen.

Dem Kanton Zug und den Zuger Gemeinden geht es finanziell blendend. Die Abschaffung der Gemeinde-Tageskarten ist auch unter diesem Gesichtspunkt völlig unverständlich. Ein allfälliger Mehraufwand, um das Angebot aufrechtzuerhalten, rechnet sich allemal. Die vergünstigten Tageskarten sind ein wichtiges Service-public-Angebot für alle Zugerinnen und Zuger, die nicht über grosse Einkommen verfügen und generell mit stetig steigenden Fixkosten konfrontiert sind. Ich fordere die Gemeindepräsidentenkonferenz auf, auf ihren Entscheid zurückzukommen. Dazu habe ich auch einen Vorstoss im Kantonsrat eingereicht.

Hinweis

In der Kolumne «Zuger Ansichten» äussern sich Politikerinnen und Politiker zu einem frei gewählten Thema. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.

1 Kommentar
Philippe Zihlmann

 Bravo Herr Lustenberger, ich bin ganz auf Ihrer Linie. Unverständlich und sehr bedauerlich, das der Kanton Zug, trotz hervorragender finanzieller Lage, das Tagesticket nicht mehr anbieten will. Es wird in Zug von den Ämtern immer mehr und mehr vom Bürger gefordert, jede Leistung auf den Ämtern ist zwischenzeitlich gebührenpflichtig, die Qualität jedoch lässt zu wünschen übrig. Wozu werden den die Steuereinnahmen verwendet. Es erweckt den Eindruck, dass sich die sogenannten Volksvertreter selbst gegenseitig ausstechen und gegenseitig profilieren möchten, dabei aber das Wohl des Volkes vergessen.

Mehr zum Thema