Kolumne «Seitenblick»
Befreie mich von dieser Last

Die Behauptung, dass sich das Leben heute einfacher gestaltet, muss ein Marketing-Gag sein. Oder hat das gar System?

Marco Morosoli
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Kürzlich war ich mit einer Fachfrau eines Zuger Transportunternehmens auf einen Lunch. Wir redeten über Elektrobusse und vieles mehr. Auch Privates hatte Platz. Wir lernen beide auf einer Plattform Sprachen und folgen einander. Das spornt an, um das Hobby am Laufen zu halten.

Besonders geblieben ist mir eine kurze Story aus dem Leben ihres 14-jährigen Sohnes. Dieser habe ihr erzählt, dass er auf seinem Smartphone das Youtube-App gelöscht habe. Er verschwende zu viel Zeit damit.

Welch weise Entscheidung, wobei ich als spätberufener Youtuber Filme und Dokumentationen auf diesem Kanal eigentlich ganz gerne schaue. Wo finden sich schon eine 20-minütige Dokumentation über den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus (475–476) oder ein Bericht über die Karibikinsel Chacachacare, die politisch zu Trinidad und Tobago gehört?

Was mein Verderben bei diesen Filmchen ist: Ich habe wohl ein paar zu viele heruntergeladen. Als Sammler legte ich mir auch auf dieser Plattform gern ein Polster für später an. Die Krux war, dass das Herunterladen einfach war, das Entsorgen stellte mich hingegen vor eine Aufgabe, die mir in diesen Tagen viel zu viel Zeit raubte.

Dann kam er endlich, der Aha-Effekt. Eine Kollegin mit einer hohen Affinität zu Internet- und Online-Themen machte ein paar Handgriffe, und meine Last, ein paar Gigabyte Daten loszuwerden, verschwand buchstäblich im digitalen Nirwana.

Leider gehen bei mir aktuell nicht alle Pendenzen so rasch vom Tisch. Mit einem Energieunternehmen liege ich über Kreuz, weil diese nach meiner Kündigung des Internet-Abos die Gerätschaften zurückverlangten und auch den Anschluss vom Netz nahmen. Ich konnte somit nicht mehr nutzen, für was ich zahlte.

Die andere Seite sagte, dass so alles rechtens sei. So warte ich nun schon fast drei Wochen auf die Abschlussrechnung. Die Hängepartie geht weiter.

Derweil meckert die Schweizer Post, dass bei einem Brief die Nummer zur genannten Strasse fehle. Ich komme jetzt nicht mit «Früher war alles besser», aber etwas ist erstellt: Sorgenfrei leben war einmal, vielleicht betrachten es die Verursacher allerdings als ihre Pflicht, uns tagein, tagaus zu bespielen.

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