Per E-Trottinett durch den Kanton Zug

Ein Selbsttest des neuen Angebots mit kleinen Pannen und grossem Spass.

Laura Sibold
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Mitarbeiterin Laura Sibold genoss die Fahrt – trotz kleinen Zwischenfällen. (Bilder: Stefan Kaiser, Zug, 15. Juli 2019)

Mitarbeiterin Laura Sibold genoss die Fahrt – trotz kleinen Zwischenfällen. (Bilder: Stefan Kaiser, Zug, 15. Juli 2019)

Seit Kurzem sind in Zug, Baar und Cham E-Trottinetts des Anbieters Circ verteilt, bald sollen Risch und allenfalls weitere Gemeinden folgen. Taugt das was? Eine Mitarbeiterin der «Zuger Zeitung» wollte es genau wissen und machte sich auf zur E-Trottinett-Tour durch den Kanton.

Samstagnachmittag am Bahnhof Zug. Was ich brauche: mein Smartphone (zwingend) und einen Helm (empfohlen). Die Circ-App ist schnell auf dem Smartphone installiert, die Kreditkarte für die Bezahlung hinterlegt und ein Profil mit E-Mail sowie Telefonnummer erstellt. Nachdem ich meinen Standort preisgegeben habe, verrät mir die Applikation, wo sich freie E-Trottinetts befinden und wie gut sie geladen sind. Ich entscheide mich für ein Exemplar an der Dammstrasse, woraufhin ich es reservieren kann und mir die App den Weg zu «meinem» Trotti weist. Da ich es nicht gleich finde, drücke ich die Funktion «Hupen» – und erschrecke. Hinter einer Mauer ist das E-Trottinett parkiert und macht sich mittels Alarm bemerkbar.

Nur gewisse Gebiete
sind erschlossen

Ich scanne den QR-Code und schalte das E-Trottinett frei. Eine Freischaltung kostet einen Franken, jede Minute Fahrt 25 Rappen. Praktisch: Ich kann das Handy und meine Thermoskanne befestigen, die App dient zur Navigation. Voller Elan starte ich die Fahrt, drücke den Temporegler am Lenker und gebe Gas. Sogleich beschleunigt das E-Trottinett auf 20 Kilometer pro Stunde, mit veloähnlichen Bremsen kann ich das Tempo drosseln. Ich düse den Gleisen entlang von Zug nach Baar und überhole auf dem Weg zwei Velofahrer. Fussgänger mache ich mit einer Klingel auf mich aufmerksam.

Via App lassen sich die E-Trottinetts freischalten.

Via App lassen sich die E-Trottinetts freischalten.

An der Kirchgasse stosse ich auf ein E-Trottinett, das mitten auf dem Trottoir steht. Grundsätzlich kann jeder seine Fahrt beenden, wo er will – solange man sich im Perimeter und auf öffentlichem Grund befindet. Das E-Trottinett darf andere Verkehrsteilnehmer aber nicht behindern. Kurzerhand zücke ich das Smartphone und drücke die Funktion «Melden». Ich scanne den QR-Code des falsch parkierten Trottinetts, hinterlege ein Bild des Gefährts und bekomme die Meldung, dass es abgeholt werde.

Der Perimeter für die E-Trottinetts erstreckt sich nur über eher dicht besiedelte Gebiete. So kann ich zwar durch das Zen­trum von Baar kurven, aber nur durch Teile Blickensdorfs und auf der Aegeristrasse nur bis zur Chriesimatt. Also fahre ich zurück nach Zug – auf der Hauptstrasse. Wann immer möglich, benutzt man mit den E-Trottinetts einen Velostreifen, ist keiner vorhanden, fährt man auf der Strasse. Da wird mir etwas mulmig, denn ich fühle mich mit dem E-Trottinett noch unsicher. Zudem kann ich zur Richtungsanzeige nicht blinken, und den Lenker nur einhändig zu bedienen, führte fast zu einem Sturz. Auf der Baarerstrasse kommen mir zwei E-Trottis entgegen. Den Fahrtwind im Gesicht, die Hände entspannt am Lenker, fühle ich mich an ein Motorrad erinnert. Da packt mich der Übermut und ich strecke wie ein Töfffahrer zwei Finger raus, um die anderen zu grüssen. Gelächter, die Geste wird wiederholt, ich düse singend dem See entlang Richtung Brüggli. Vor dem Strandbad bleibt das E-Trotti plötzlich stehen. Was ist los?

Nach Hause geht’s
dann doch zu Fuss

Die Circ-App informiert mich, dass ich das E-Trottinett nicht mehr gemietet habe, und spuckt Fehlermeldungen aus. Womöglich wurde ich wegen schlechter Internetverbindung aus dem System geworfen. Das Einloggen klappt erst, nachdem ich das E-Trottinett neu gestartet habe. Ich miete das mir bis dahin treue Gefährt erneut und setze die Fahrt fort. Auch der Kies entlang des Zugersees nach Cham kann dem E-Trottinett nichts anhaben – dafür werde ich kräftig durchgeschüttelt. Viele Fussgänger schauen erstaunt, gewiss auch etwas neidisch, als ich vorbeiflitze. Die Bewährungsprobe für das E-Trotti folgt beim Strandbad Cham. Wacker kämpft es sich den steilen Hang neben dem Schloss St. Andreas hinauf. Wo ich sonst stets mit hochrotem Kopf hinaufstrample, lasse ich mich nun pfeifend vom E-Trottinett chauffieren. Im Hirsgarten treffe ich auf eine Familie, die Federball spielt. Einem Impuls folgend lasse ich zwei Kinder mit dem E-Trotti fahren. «Cool Mami, ich wett ich hett es E-Trottinett», ruft der zwölfjährige Noah und will mir «mein» Gefährt kaum mehr zurückgeben.

Vom Logistikteam werden die E-Trottinetts wieder ordentlich aufgestellt.

Vom Logistikteam werden die E-Trottinetts wieder ordentlich aufgestellt.

Seit eineinhalb Stunden kurve ich herum und habe 15 Kilometer zurückgelegt – Kostenpunkt knapp 25 Franken. Die Fahrt macht noch immer Spass, doch eignen sich die E-Trottinetts eher für Kurzstrecken. Durchs Chamer Zentrum fahre ich meinem Zuhause in Lindencham entgegen. Kurz nach der Bushaltestelle Hammer wird das E-Trottinett langsamer und die App weist mich darauf hin, dass ich ausserhalb des Perimeters sei und die Fahrt hier nicht beenden könne. Mir bleibt nichts anderes übrig, als das E-Trotti im Hammer zu deponieren. Die letzten zehn Minuten nach Hause lege ich zu Fuss zurück – weniger cool, dafür günstiger.

So soll Chaos verhindert werden

Eine Handvoll Leser haben sich bei der «Zuger Zeitung» gemeldet und sich über herumliegende E-Trottinetts enerviert. Auf Nachfrage erklärt Daniel Scherrer von Circ Schweiz, was gegen ein Trottinettchaos getan wird: «Wir haben ein Logistikteam vor Ort, das E-Trottinetts mit niedrigem Batteriestand einsammelt. Im Lager werden sie geladen und repariert. Die Logistik platziert auch hingefallene E-Trottinetts wieder ordentlich.» Weiter habe jedes Gefährt einen integrierten Sensor, der Alarm schlägt, wenn ein E-Trottinett hingefallen ist oder unbezahlt bewegt wird. Bei jedem Abschliessen wird verlangt, dass der Nutzer ein Foto des E-Trottinetts in der App hinterlegt. «Dies setzt den Anreiz, dass Nutzer das E-Trotti ordentlich parkieren und wir das überprüfen können», so Scherrer. Da aber nicht nur Nutzer, sondern auch Passanten die mit 20 Kilogramm gut tragbaren Trottinetts bewegen könnten, sei nicht klar, ob der Nutzer das E-Trottinett falsch abgestellt habe. «Wenn möglich nehmen wir mit Nutzern telefonisch Kontakt auf und weisen sie an, die E-Trottinetts ordentlich zu parkieren.»

Bei der Stadt Zug, wo es die E-Trottinetts seit acht Wochen gibt, bemerkt man keine chaotischen Zustände. «Die meisten Nutzer halten sich an die Verkehrsregeln und stellen das E-Trotti so ab, dass sich niemand daran stört», resümiert Daniel Stadlin, Departementssekretär Soziales, Umwelt, Sicherheit. Werden der Stadt falsch parkierte E-Trottinetts gemeldet, fordere man den Betreiber auf, sie korrekt zu platzieren oder abzuholen. Der Anbieter sei durch die Bewilligung verpflichtet, innert 24 Stunden auf ein falsch parkiertes E-Trottinett zu reagieren. «Andernfalls wird das Gefährt von uns eingezogen. Das musste aber noch nie gemacht werden.» Wer Verkehrsregeln missachtet – etwa mit dem E-Trottinett auf dem Trottoir fährt –, muss mit einer Busse rechnen. (ls)