Die USA hat gewählt. Hat das auch Auswirkungen auf Zug, wo viele amerikanische Firmen wirtschaften und wo seit Jahrzehnten vielseitige Beziehungen und Sympathien herrschen?
Er hat sich einen Bubentraum erfüllt: Robert Gottschalk aus Hagendorn fährt einen Ford Mustang – «weil ich schon immer einen amerikanischen Wagen haben wollte». Den 56-Jährigen verbindet aber noch viel mehr mit den USA. «Ich bin in New York geboren, mit dreieinhalb Jahren in die Schweiz gekommen und habe dann in den 80er-Jahren an der Arizona State University Industrial Design studiert», erzählt der Familienvater von zwei erwachsenen Töchtern. Verheiratet ist er auch mit einer Amerikanerin, mit Mary aus Pennsylvania.
«Ich finde, Zug hat einen hohen Stellenwert für Amerikaner, weil sehr viele US-Bürger hier beruflich als Expats Station machen», sagt Gottschalk. Andererseits ist der Doppelbürger überzeugt, dass für viele Zuger amerikanische Werte ebenfalls wichtig sind – wie Freiheit, Selbstbestimmung, Recht auf Meinungsäusserung. Und natürlich Wohlstand. «Ich habe für Clinton per Briefwahl abgestimmt – weil ich überzeugt bin, dass sie genau diese Werte weiter garantiert und die USA in vier Jahren mehr oder weniger ähnlich politisch und wirtschaftlich aussehen wie jetzt.»
Keine Frage: Es gibt viele Anknüpfungspunkte zwischen Zug und den Vereinigten Staaten. Zug hat dabei seine eigenen amerikanischen Träume gezeitigt. Da ist nicht nur der «Walk of Fame» in der Zuger Neustadtpassage – eine Art provinzielle Replik auf das Original in Hollywood. Für Marc Rich, den «King of Oil» und «mächtigsten Rohstoffhändler aller Zeiten» (O-Ton von Biograf Daniel Ammann) war Zug sogar zum Zufluchtsort geworden. Denn der Gejagte der USA, der mit dem Schah von Persien genauso Geschäfte trieb wie mit Che Guevara, wurde erst von Präsident Bill Clinton am Ende seiner Amtszeit begnadigt. Richs Kind, der weltgrösste Rohstoffkonzern Glencore, existiert weiter in Baar. Kann Rich auf diese Weise als Vater des amerikanischen Traums in Zug bezeichnet werden?
«Nein, denn der amerikanische Traum beinhaltet eine andere Story, als diejenige, die Marc Rich verkörpert», versichert Zugs Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel. Zudem sei das Fundament des Rohstoffhandelsplatzes Zug vor Marc Rich gelegt worden. «Nämlich durch die Ansiedlung von Phibro, die erst im Nachgang einen Händler namens Marc Rich in Baar angestellt hat.»
Kein Zweifel herrscht beim FDP-Regierungsrat aber darüber, was die Bedeutung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen angeht. «Es gibt keine Aussenhandelsstatistiken auf kantonaler Ebene. Dennoch ist klar festzustellen, dass der amerikanische Markt für Zuger Firmen sehr wichtig ist», so Michel. Ebenso sei Zug für viele amerikanische Firmen der Ausgangspunkt für den europäischen Markt. Ob die neue Präsidentschaft in den USA Veränderungen in diesen fruchtbaren Beziehungen herbeiführen wird – dazu gibt sich der Volkswirtschaftsdirektor zurückhaltend. «Diese Frage ist von hier aus nicht zu beantworten, denn zu viel Psychologie und politische Unwägbarkeiten, wie etwa die Zusammensetzung des Parlaments, sind dafür mitbestimmend«, ist er überzeugt.
Doch zurück in den Kanton Zug. Hier wurden laut Statistik des Staatssekretariats für Migration Ende September 684 US-Amerikaner registriert. Nicht wenige – aber mittlerweile weniger als Russen (738). Zudem leben 2234 Briten hier. Warum gibts nicht mehr Amerikaner in Zug?
«Engländer sind halt nicht so weit weg von zu Hause, zudem haben diese ja eine klassische Liebesbeziehung zur Schweiz und den hiesigen Tourismus entwickelt», erklärt Roger Brooks, Präsident des International Men’s Club in Zug. Der pensionierte Software-Ingenieur hat übrigens auch der Liebe wegen Wurzeln im Kanton Zug geschlagen: Er ist mit einer Schweizerin verheiratet. «Für Zug ist Amerika sehr wichtig, weil hier US-Firmen wie Johnson & Johnson ihren europäischen Hauptsitz haben.» Anders formuliert: Amerikanische Firmen, die nach Europa expandieren und ihre Hausaufgaben gemacht haben, so Brooks, «landen automatisch in Zug».
Wolfgang Holz