FREIAMT: Zugs Geschenk für Muri

Die Schirmorte und weitere Gönner spendeten dem Stammkloster der Habsburger im 16. Jahrhundert einen kostbaren Kunstschatz. Eine der grosszügigen Stifterinnen war die Stadt Zug.

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Die von Zug gestifteten Kabinettscheiben zeigen Attribute von Stadt und Kanton. Neben Wappen und Bannerträgern sind es die Kirchenpatrone Michael und Oswald. (Bild Andreas Faessler)

Die von Zug gestifteten Kabinettscheiben zeigen Attribute von Stadt und Kanton. Neben Wappen und Bannerträgern sind es die Kirchenpatrone Michael und Oswald. (Bild Andreas Faessler)

Andreas Faessler

Seit April 2014 hat Muri sein neues Klostermuseum. Die Stammgrablege der Habsburger und ehemaligen Benediktinerabtei schaut auf eine fast 1100-jährige Geschichte zurück. Entsprechend viel gibt es im Museum zu sehen, welches sehr aufwendig, mit modernster Technik und viel Liebe zum Detail gestaltet ist. Im Rahmen eines Museumsbesuches gelangt man auch in den einzigartigen Kreuzgang des Klosters, der nach seiner Zerstörung im Jahr 1531 unter Abt Laurenz von Heidegg im spätgotischen Stil wieder errichtet wurde. Die dreigeteilten Masswerkfenster wurden mit Glasgemälden versehen, die heute zusammen mit den Glasmalereien im Kloster Wettingen zu den landesweit wertvollsten erhaltenen Kunstwerken dieser Art aus der Zeit der Renaissance gehören.

Es handelt sich um so genannte Kabinettscheiben, geschaffen in den Jahren 1554 bis 1558 vom Zürcher Glasmaler Carl von Egeri und zum Teil auch von anderen Künstlern. Besonders im 16. Jahrhundert war diese Art von Glasmalerei verbreitet und wurde üblicherweise anlässlich der Fertigstellung eines Gebäudes – hier also der Kreuzgang – gestiftet. Unterschiedliche Gönner des Klosters Muri haben der Abtei diese Glasgemälde geschenkt. Die Motive, davon viele Bibelszenen, stehen meist im Kontext zum Spender. Besonders bemerkenswert sind die Fenster des Osttraktes. Hier haben sich die Stifterorte verewigt, namentlich Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus und Zug. Um 1431 – Uri um 1532 – hatten diese Orte dem Kloster per Schirmbrief seine Rechte bestätigt, nachdem der Aargau 1415 unter die Herrschaft der Eidgenossen geraten war. Im Jahr 1585 tobte ein Gewitter über Muri. Durch einen heftigen Blitzeinschlag im Kloster kam Abt Hieronymus Frei ums Leben, und die Fenster erlitten teils starke Schäden. Spätestens durch die von Abt Jodok Singisen um 1624 initiierte Renovation wurden die Fenster wieder in Stand gesetzt. Nach der Aufhebung des Klosters im Jahr 1841 entfernte man die Scheiben und brachte einen Grossteil von ihnen nach Aarau, wo sie bis 1957 verblieben, bis sie an ihrem ursprünglichen Ort wieder eingesetzt wurden. Eine aufwendige Restaurierung der Fenster, abgeschlossen im Frühjahr 2014, kostete 1,8 Millionen Franken. Seither leuchten die einzigartigen Scheiben in all ihrer Farbenpracht.

Das Zuger Fenster mit der Jahreszahl 1557 ist dasjenige am nächsten zur Klosterkirche – ganz am Ende des Kreuzganges, der seit der barocken Erweiterung der Kirche nur noch dreiarmig ist. Das Mittelfenster zeigt ein doppeltes Zuger Standeswappen und das Reichswappen mit Krone. Dahinter zwei geharnischte Soldaten, ein jüngerer und ein älterer. Letzterer trägt das Zuger Banner. Die äusseren beiden Scheiben zeigen die beiden Zuger Stadtheiligen. Links der Kirchenpatron Michael mit Schwert und Seelenwaage – der Drache, das Böse, unterliegt dem Guten. Im Hintergrund ragt die Abtei Mont-Saint-Michel aus dem Meer, Sitz des Michaelsordens. Auf der Scheibe rechts ist der bärtige Zuger Schutzpatron, der hl. Oswald, abgebildet mit Königsornat sowie Insignien und einem schwarzen Raben. Hinter dem Heiligen ist der Zugersee mit der Stadt Zug erkennbar. Sowohl Michael als auch Oswald werden je von einer weiblichen und einer männlichen Atlantenfigur flankiert, die zusammen eine bekrönende Architektur tragen.

Sowohl die Scheiben des Schirmortes Zug als auch sämtliche andere Stifterfenster im Kreuzgang des Klosters Muri überwältigen durch eine unbändige Leuchtkraft – selbst bei trübem Wetter. Was für ein Glück, dass die Kabinettscheiben geschlagene fünf Jahrhunderte überdauert haben und dank heutigem Fachwissen in einem solch hervorragenden Zustand erhalten sind. Allein sie sind Grund genug für einen Museumsbesuch im Kloster Muri.

Hinweis

Mit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Frühere Beiträge finden Sie unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut