Das Zuger Kantonsspital hatte in den letzten Tagen nicht alltäglichen Besuch: Angehörige des Spitalbataillons 5 der Schweizer Armee verstärkten die Teams. Die Spitalsoldaten trainierten für den Ernstfall.
Ein nicht alltägliches Bild zeigte sich in den vergangenen Tagen im Zuger Kantonsspital in Baar: Militärangehörige in Uniform – umgangssprachlich im «Kämpfer» – stiefelten durch die Gänge, warteten im Empfangsbereich auf ihren Shuttle zurück in die Kaserne oder waren hie und da auf dem Spitalgelände anzutreffen. Sie alle sind Armeeangehörige des Spitalbataillons 5, die vom 22. bis 29. Mai im Zuger Kantonsspital die Bereiche Pflege, Labor, Technik und Logistik verstärkten. Das Ziel: Mit diesem WK-Einsatz soll jährlich die Zusammenarbeit eines Spitalbataillons der Schweizer Armee mit Spitälern für den Ernstfall trainiert werden. «Als Ernstfall bezeichnen wir die Situation, wenn etwa durch eine Naturkatastrophe die medizinische Versorgung auf dem herkömmlichen Weg nicht mehr gewährleistet werden kann», erklärt Hauptmann Maurus Ruf. Er ist Chef Pflege und von Seiten des Spitalbataillons 5 für die Koordination des Einsatzes zuständig.
Auf unserem Rundgang durch das Zuger Kantonsspital treffen wir nach kürzester Zeit bereits auf den ersten Spitalsoldaten, der rein äusserlich nicht vom Spitalpersonal zu unterscheiden ist. Er trägt die Berufskleidung der Pflegenden des Zuger Kantonsspitals, nur auf dem Batch ist «Militär» zu lesen. Es ist der erste WK von Pjeter Delija in einer solchen Einrichtung. «Ich mobilisiere die Patienten, helfe bei der Körperpflege und durfte sogar auf die Visite mit dem Oberarzt mitgehen», erzählt der Spitalsoldat. Insgesamt haben 60 Armeeangehörige den Pflegenden im Kantonsspital unter die Arme gegriffen. Dies jeweils in zwei Schichten à vier Tagen. So waren knapp 30 Spitalsoldaten pro Schicht im Einsatz.
Das Spitalbataillon 5 ist eines von vier Spitalbataillonen der Schweizer Armee und gilt als Milizformation mit hoher Bereitschaft, was bedeutet, dass das Bataillon ab Auslösung innert 48 bis 96 Stunden für den Einsatz bereit ist. Das Spitalbataillon 5 zählt 500 Angehörige, welche zivile Spitäler in der Grundpflege entlasten können, sei es in der vorhandenen oder einer improvisierten Infrastruktur. Jährlich trainiert das Spitalbataillon 5 zusammen mit den Spitälern der Zentralschweiz und des Tessins den Ernstfall. 2016 fand ein solcher Einsatz im Luzerner Kantonsspital zum ersten Mal in der Zentralschweiz statt. Der Kanton Zug ist der «Göttikanton» des Spitalbataillons 5 und pflegt seit der Gründung 2004 gute Beziehungen zu «seiner» Einheit. (mua)
«Während der Rekrutenschule haben alle die Ausbildung zum Pflegehelfer SRK (Schweizerisches Rotes Kreuz) absolviert», erklärt Maurus Ruf. Bevor die Soldaten aber in der Praxis Hand anlegen dürfen, werde ihr Wissen noch einmal aufgefrischt. Der Hauptmann fügt hinzu: «Nur wer die Abschlussprüfung bestanden hat, leistet auf einer Pflegestation Dienst.» Jeder Spitalsoldat bekam im Zuger Kantonsspital eine zivile Fachperson als Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner zugewiesen, die ihm zeigte, welche Arbeiten anfielen. Die Soldaten wurden nämlich zusätzlich zum üblichen Personal pro Schicht eingeteilt. Spitalsoldat Niko Broich leistet seinen Dienst auf der Chirurgie Nord und bezeichnet sich selber als «Handlanger», der dem Team jegliche Arbeit abnehmen kann. Er gibt zu: «Das hier ist ein Highlight des gesamten WK.» Es ist bereits sein zweiter in einem Spital. «Es ist ein schönes Gefühl, eine Hilfe zu sein.»
Sein Militärkollege Mihal Ferati hat schon mehr Kompetenzen, die er einsetzen darf. Er ist auf im Notfallzentrum eingeteilt und von Beruf Pfleger in einem Pflegeheim. «Es ist sehr abwechslungsreich. In einem Notfallzentrum weiss man nie, was als Nächstes passiert», erklärt Mihal Ferati. Für ihn sei der Dienst bestimmt hilfreich für die Zukunft, betont er im Gespräch. Maurus Ruf erklärt weiter, dass sich auch viele Spitalsoldaten nach der Ausbildung im Militär für einen Beruf im Bereich Pflege interessieren würden. Von den Spitalsoldaten arbeiten ungefähr 10 Prozent im Gesundheitsbereich und sind vom Fach, die restlichen 90 Prozent werden bewusst angelernt, um das Gesundheitswesen im Ernstfall zu unterstützen. «Der Sanitätsdienst ist ein sinnvoller Dienst. Ich denke, der offensichtliche Mehrwert der geleisteten Arbeit ist der grösste Motivationsfaktor für den Einsatz», sagt Ruf.
Doch nicht nur in der Pflege sind die Armeeangehörigen anzutreffen. Auf dem Gang des Notfallzentrums repariert Severin Vaucher etwas an der Decke. «Ich arbeite hier als Elektroinstallateur, als Stromer und im Garten», erzählt er.
Er sei zwar nicht vom Fach, doch sein «Gspändli» vom technischen Dienst des Zuger Kantonsspitals versichert, dass er zufrieden sei mit der Arbeit Vauchers. «Ich mache sonst nie solche Sachen», erklärt Severin Vaucher. Denn ausserhalb vom Militär arbeitet er als Fachmann Betreuung.
Und auch die Spitalleitung ist vom Einsatz und der Motivation der Spitalsoldaten positiv überrascht. Spitaldirektor Matthias Winistörfer sagt: «Wir wissen jetzt, wie die Soldaten eingesetzt werden können.» Denn geschieht ein Ernstfall, muss das Spital anfangs selber über die Runden kommen. Beantragt der betroffene Kanton Unterstützung beim Bund, benötigt das Spitalbataillon 5 drei Tage für die Mobilmachung und die Vorbereitungen eines Einsatzes.
Maggie Rindlisbacher, Gesamtleiterin Pflege und Therapien im Zuger Kantonsspital, war zuerst skeptisch, als das Spital im Herbst von der Armee angefragt worden ist. «Doch die Rückmeldungen des Personals und der Patienten sind durchwegs positiv», sagt sie mit einem Lächeln. «Es hat alles reibungslos geklappt.» Spitaldirektor Winistörfer erklärt, dass der Aufwand bei den Vorbereitungen gross gewesen sei. Man stelle sich jetzt aber auf einen Turnus von ungefähr fünf Jahren ein. «Das nächste Mal sind wir schon besser vorbereitet.» Denn einem Motto wollen Matthias Winistörfer und Maggie Rindlisbacher treu bleiben: «Wir haben uns von Anfang an gesagt, wenn wir mitmachen, dann richtig. Entweder ganz oder gar nicht.»