Die «Maigesetze» in Österreich bleiben auch im Juli 1868 Hauptthema in der Zuger Berichterstattung. Ausserdem freut man sich im ganzen Land auf satte Früchte – und hofft auf eine allgemeine Preissenkung.
Wie bereits im Juni 1868 berichtet die «Neue Zuger Zeitung» auch im Folgemonat intensiv über die Vorgänge in der katholischen Kirche Österreichs. Die sogenannten «Maigesetze» von 1868 minderten die zuvor herrschende Autorität der Kirche und übertrugen dem Staat die Entscheidungshoheit über zentrale Belange, bei denen zuvor die katholische Kirche bestimmend war. Ehegerichtsbarkeit sowie das Unterrichts- und Erziehungswesen unterstanden nun dem Staat und nicht mehr der Kirche. Der Chronist der «Neuen Zuger Zeitung» schien ein frommer Katholik zu sein, so energisch wie er gegen diese Umwälzung im Kaiserreich unter Franz Josef schrieb.
Als dann im Juli 1868 die Allokution von Papst Pius IX. veröffentlicht wurde, in der sich der Pontifex wider Erwarten des Zuger Chronisten «scharf und bestimmt» gegen die Maigesetze äusserte, fühlte sich der Redaktor von höchster Stelle bestätigt, verschärfte seinen Tonfall abermals und zitierte aus der päpstlichen Stellungnahme: Ihr seht mithin, ehrwürdige Brüder, wie verwerflich und verdammungswerth jene von der österreichischen Regierung erlassenen abscheulichen Gesetze sind, welche die Lehre der katholischen Kirche, ihre ehrwürdigen Rechte, Autorität und göttliche Konstitution, sowie die Gewalt dieses apostolischen Stuhles, unsere erwähnte Konvention, ja das Naturrecht selbst aufs Höchste verletzen...
Auch in der Ausgabe von der Woche drauf sind die Spalten proppenvoll mit den Maigesetzen. Der österreichische Staat hat mittlerweile die Notzivilehe eingeführt, um Eheschliessungen zu ermöglichen, die von der Kirche nicht mehr abgesegnet werden. Der Schreiber befürchtet, diese Zustände könnten gar dazu führen, dass mehr Menschen von der Kirche abfallen.
In der folgenden Ausgabe bleiben Kirche und Religion das Thema. Ein Jahr bevor die päpstliche Bulle «Aeterni patris unigenitus filius» erlassen werden soll, mutmasst der Chronist, was am Konzil in Rom besprochen werden mag. Anscheinend haben bereits mehrere Gerüchte die Runde gemacht. Der Schreiber aber meint zu wissen, dass man über diverse Gefahren und Ungemach spricht, die der Kirche drohen, dass die Gesellschaft verroht und allgemein Gottlosigkeit sich breitmacht. Der Chronist verausgabt sich regelrecht mit diesen religiösen Inhalten, sodass sich dem heutigen Leser die Vermutung aufdrängt, dass man auch damals schon mit dem Sommerloch zu kämpfen hatte.
Einen ausführlichen Spendenaufruf publiziert die «Neue Zuger Zeitung» in ihrer Ausgabe vom 4. Juli 1868. Demnach fand in jenem Monat auf der Felsenegg am Zugerberg das eidgenössische Offiziersfest statt. Mit ihren neuen Waffen sollen die Männer eine Schiessübung absolvieren. Um sie für möglichst gute Resultate zu motivieren, sollen ihnen Preise winken. Da das Zuger Finanzkomitee jedoch bereits mit der Organisation des Anlasses so gut wie pleite ist, werden die «geehrten Damen des Kantons Zug» gebeten, das Fest mit Gaben zu beehren. Es wäre doch schön, wenn jeder Offizier der Schweizerischen Armee sich auf angenehme Weise an den schönen Festort und die freundliche Geberin erinnern würde.
Es fällt allgemein auf, dass quer durch die ganzen Juli-Ausgaben von anno dazumal die Rede von reichen bevorstehenden Ernten ist. Auf der Zuger Allmend gedeihen die Kartoffeln so schön wie kaum je zuvor. Auch im benachbarten Kanton Zürich blüht’s und spriesst’s. Die Aussicht auf den grossen Segen an Früchten von Mutter Natur lässt im Schreiberling die Hoffnung wachsen, dass die Lebensmittelpreise somit bald merklich sinken werden. «Wir sehnen uns nach diesem Ereignisse», schreibt er schliesslich.
Weiter zu reden in den Juli-Blättern gibt die schweizerische Viehausstellung in Langenthal. Zwei ganze Spalten füllt Wolfgang Schlumpf, Präsident des zugerischen landwirtschaftlichen Vereins, rund um das Braunvieh.
Und in der Wochenchronik vom 25. Juli geht’s schliesslich noch um die Katholiken im bernischen Jura, die sich gegen gewisse Entscheide des Grossrats des reformierten Kantons Bern wehren. Auch hier steht der Schreiber erwartungsgemäss ganz klar auf der Seite der katholischen Gläubigen.
Grosser Schock für eine junge Mutter: Als sie ihr vier Wochen altes Baby aus dem Bettchen hob, fand sich darin eine 3 Fuss 6 Zoll lange Schlange. Der 73-jährige Grossvater machte den gefährlichen «Schlafkameraden» gleich kalt.
Vom Kanton Neuenburg her soll auf dem Bielersee angeblich «arger Schmuggel» betrieben werden. In Neuenstadt wurde dann schliesslich ein Schiff losgeschickt, um gegen diese Machenschaften vorzugehen. Und schon enterte es ein «feindliches Fahrzeug», das mit einer Wagenladung Wein befrachtet war.
Eine grausame Tat schockiert die Bevölkerung. Eine Frau hat in Stans ihren Mann mit mehreren Axthieben erschlagen. Die schrecklich zugerichtete Leiche hat sie unter einem Strohhaufen versteckt und sich danach selbst angezeigt. Der Mann soll seine Frau regelmässig aufs Gröbste misshandelt haben.
Im Ostschweizer Kanton Thurgau will man beobachtet haben, dass die Bewohner des oberen Kantonsteils wegen des Trinkens von Most schwächerer Natur seien als die Weintrinker des unteren Kantonsteils. Ein stämmiger Oberthurgauer soll sich in einem Wirtshaus energisch in eine entsprechende Diskussion eingemischt haben: Er habe zeitlebens noch keinen Eimer Wein getrunken, sondern immer nur Most. Und doch nehme er mit jedem einen Hosenlupf auf.
Man berichtet von einem Kind in Marseille, mit dem wirklich nicht gut Kirschen essen ist: Nachdem eine Mutter ihrer 11-jährigen Tochter zur Strafe das Abendessen weggenommen hatte, versuchte das Mädchen, die Mutter aus der Welt zu schaffen, indem es ihr die Milch mit Phosphor vergiftete.
Es gehe «ziemlich gemütlich» zu in der Bundesversammlung, weil offenbar die meisten Herren nach Solothurn ans eidgenössische Sängerfest gereist sind. Nur ein paar sporadische Mitglieder seien in den Ratssälen anzutreffen, die entweder an ihre Frauen oder Geschäftsbriefe schreiben. Aber die Taggelder würden ja «eineweg» bezahlt.
Aus Zug beobachtet man mit spürbarer Verstimmung, wie in Solothurn schönes Rindfleisch zu 40 Rappen pro Pfund und am Zürichsee dasselbe gar für 35 Rappen zu haben ist. «Und wir in Zug müssen für gutes und schlechtes fortwährend 50 Rappen bezahlen. Das ist denn doch ein bisschen zu stark», wird in der «Neuen Zuger-Zeitung» beklagt.
Wortwörtlich ist zu lesen: «Es ist eine schöne Sitte unter den ehrlichen Publizisten, dass sie die Quellen, aus denen sie ihre Berichte schöpfen, den Lesern mittheilen und sich nicht mit fremden Federn schmücken wollen. Diese Sitte ist ganz am Platz und allgemein nachahmenswerth. Weniger am Platze aber finden wir es, wenn für voreilige Berichte falsche Quellen angegeben werden, wie es das ‹Berner Blatt› vom letzten Donnerstag gegenüber der ‹Neuen Zuger Zeitung› zu thun beliebte, wogegen wir uns höflichst verwahren möchten.»