Der Zuger Polizei fehlen Spezialisten

2018 gab es im Kanton Zug weniger Unfälle und weniger Einbruchdiebstähle aber wiederum mehr Fälle von häuslicher Gewalt und Cyberkriminalität, das zeigt die Polizeistatistik. Gerade in diesen Bereichen aber stösst die Polizei deutlich an ihre Ressourcengrenzen.

Christopher Gilb
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Die Zuger Polizeistatistik 2018 liest sich aus Bürgersicht ganz gut. «Wir waren schon betrübter, wir sind sehr zufrieden», sagte denn auch der zuständige Sicherheitsdirektor Beat Villiger an der Präsentation vom Donnerstag, 28. März. So ging die Zahl der Straftaten 2018 im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um 584 auf 5663 zurück und liegt damit rund 11 Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Damit wurden im Kanton Zug pro 1000 Einwohner im Jahr 2018 34,8 Straftaten begangen, während es in der Gesamtschweiz 51 waren. Positiv ist gerade die Entwicklung im Bereich der Einbruchdiebstähle – bis vor wenigen Jahren noch ein grosses Thema. 2018 wurden im öffentlichen Bereich noch 136 (2017: 161) Einbrüche registriert, im privaten Bereich noch 167 (2017: 228).

Auch bei der Aufklärungsquote muss sich die Zuger Polizei nicht verstecken. Diese betrug beispielsweise bei Delikten gegen Leib und Leben 97 Prozent, während sie schweizweit 87 Prozent betrug.

Zunehmend sei aber die Verschiebung von Straftaten in den digitalen Raum festzustellen, so Villiger. «Und dort ist die Dunkelziffer gross.» Auch dies sei wohl ein Mitgrund für den statistischen Rückgang der Kriminalität. Bearbeitet hat die Zuger Polizei letztes Jahr 222 Fälle von Cyberkriminalität. Im Vorjahr 2017 waren es noch 176 gewesen. Beat Villiger: «Die Herausforderungen werden nicht weniger, darüber darf nicht hinweggetäuscht werden.» Vorgesehen sei das Team in diesem Bereich weiter aufzustocken. Denn wie der neue Chef der Kriminalpolizei Thomas Nabholz im Begleittext zur Statistik schreibt, konnten letztes Jahr beispielsweise, Chat-Ermittlungen im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen gegen Kinder aufgrund mangelnder personeller Ressourcen keine getätigt werden.

Ressourcenmangel im Bereich häusliche Gewalt

12 Stellen musste die Zuger Polizei im Zuge der Sparprogramme abbauen und dies obwohl, wie Villiger betonte, eigentlich 30 neue Stellen nötig gewesen wären, um das Wachstum des Kantons aufzufangen. Der Tenor an der Medienkonferenz war klar und deutlich: Der Abbau macht sich bemerkbar. 439 Mal beispielsweise beschäftigte sich die Zuger Polizei im letzten Jahr mit Fällen von häuslicher Gewalt. 292 Mal (2017: 248 Mal) blieb die Intervention ohne Verzeigung, 147 Mal (2017: 138) gab es eine Verzeigung. «Die Fälle von häuslicher Gewalt nahmen in den letzten Jahren massiv zu», so Villiger. Das Problem, wie der neue Polizeikommandant Thomas Armbruster ausführte, sei vor allem, dass die Fachstelle häusliche Gewalt der Zuger Polizei, die bei solchen Fällen für die Betreuung von Opfern und allenfalls auch Tätern zuständig ist, aus Ressourcengründen nicht mehr in vollem Ausmass tätig werden konnte.

Genau diese Betreuung aber diene der Senkung des Wiederholungsrisikos. «Sicher eine weitere Person für die Fachstelle wäre gut», so der Kommandant. Auch Armbruster zeigte sich aber insgesamt sehr zufrieden mit der Arbeit der Zuger Polizei. Er verwies auf den Erfolg im präventiven Bereich, den effizienten Einsatz durch mobile Patrouillen und damit eine schnelle Fahndung. Oder die neue Fachstelle kriminalistische Analyse, wo sich Spezialisten mit dem Risiko von Straftaten beschäftigen. Das Thema häusliche Gewalt will Villiger nun interdisziplinär mit Partnern wie den Gemeinden, der Kesb und Opferorganisationen analysieren. Und auch am Polizeistand an der diesjährigen Zuger Messe soll die häusliche Gewalt ein Schwerpunkt sein. Analysiert werden soll, woher die Zunahme komme, so der Sicherheitsdirektor.

Auf den Strassen schepperte es weniger

1 zu 527 beträgt die Polizeidichte (auf einen Polizisten kommen 527 Einwohner) im Kanton Zug derzeit, das ist besser als auch schon aber immer noch unter dem Schweizer Schnitt, der bei 1 zu 454 liegt. Bemerkbar macht sich der Personalmangel auch beim Gewaltschutz. Seit Januar 2019 können Behörden im Kanton Zug sogenannte Bedrohungsmeldungen über gewaltbereite Personen bei der Polizei machen. Damit soll Schlimmeres verhindert werden. 16 laufende Fälle gibt es bereits, wie an der Präsentation der Statistik zu erfahren war. Aber nur eine Person, die sie bearbeitet. «Das reicht personell nicht», so Villiger.

Zu schaffen macht der Polizei auch die gestiegene Zahl an Rechtshilfeersuchen aus dem Ausland. Nicht selten ging es dabei laut Polizeikommandant Armbruster um Fälle mit Kryptowährungen. Bekanntlich in Zug ein grosses Thema. 569 Rechts- und Amtshilfeersuchen gab es letztes Jahr (2017: 385). Die Bearbeitungszeit verzögere sich jedoch zunehmend. Das Ziel, so Regierungsrat Villiger, sei jetzt genau zu schauen, wo es Personal brauche und dies dann sauber zu begründen. «Eine grosse Herausforderung für die Polizeien ist das Thema Spezialisten versus Generalisten», konkretisiert Polizeikommandant Armbruster. Ob im Gewaltschutz, im Cyberbereich oder bei Ermittlungen im Bereich des Umweltschutzes, zunehmend seien Spezialisten notwendig. «Gleichzeitig brauchen wir aber auch die Generalisten, die vielseitig einsetzbar sind.»

Gutes gibt es von den Strassen zu berichten: Der Unfallstand 2018 ist der tiefste seit 2009 (2017: 832). Stephan Rogger, Chef der Zuger Verkehrspolizei führt dies auch auf «die Philosophie von Geschwindigkeitskontrollen mit der verschiebbaren Anlage» zurück. «Wir kontrollieren dort, wo es brennt.» Das würden die Autofahrer nicht immer, dafür die Anwohner umso mehr schätzen.» Insgesamt gab es ein Todesopfer auf den Zuger Strassen, 62 Schwerverletzte und 220 Leichtverletzte.