Das Ehepaar von Flüe als Vorbild

Die Schweizer Bischofskonferenz hat den Papst angefragt, ob Niklaus von Flüe und Dorothea Wyss gemeinsam als Ehepaar verehrt werden dürfen. Ein Theologe erklärt, was die Verehrung eines Paars bedeutet.

Ueli Abt *
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Dorothea von Flüe mit ihren Kindern, Denkmal in Sachseln. Ob der Papst die Verehrung des Landesheiligen und seiner Frau als Paar billigt? (Bild: Andreas Faessler)

Dorothea von Flüe mit ihren Kindern, Denkmal in Sachseln. Ob der Papst die Verehrung des Landesheiligen und seiner Frau als Paar billigt? (Bild: Andreas Faessler)

1947 hat Papst Pius XII. Niklaus von Flüe heiliggesprochen. In den letzten 40 Jahren ist mehr und mehr auch dessen Frau Dorothea Wyss in den Fokus gerückt. Sie war es, die Niklaus von Flües radikalen biografischen Bruch und sein eremitisches Leben loyal mittrug, indem sie Hof und Haushalt weiter führte und ihrem Mann damit den Raum gab für seine persönliche Entwicklung.

Dorothea Wyss indessen dürfte kaum selig- oder heilig- gesprochen werden. «Es ist historisch zu wenig von ihr über­liefert», sagt Peter Spichtig, Theologe und Co-Leiter des Liturgischen Instituts der deutschsprachigen Schweiz. Verehrung wird in der Regel verstorbenen Personen zuteil, die sich als herausragende Beispiele christlicher Heiligkeit eignen. Laut Spichtig sind dies somit zwangsläufig öffentlich bekannt gewordene Personen. Von Dorothea Wyss kenne man nicht einmal das Todesdatum. «Sie ist Opfer der männerzentrierten Geschichtsschreibung», sagt Spichtig. Weil sie nicht positiv fassbar sei, hält er es für aussichtslos, dass sie selig- oder heiliggesprochen werden könnte.

Ehe als Prozess mit Entwicklungsmöglichkeiten

Hingegen stehen laut Spichtig die Chancen gut, dass der Papst die Verehrung von Niklaus und Dorothea als heiliges Ehepaar erlaubt. Laut Spichtig eigne sich das Ehepaar sehr gut als Vorbild, gerade auch nach modernem Eheverständnis. Statt eines Bruchs hätten die beiden die Ehe konstruktiv weitergeführt. Bei den beiden habe sich gezeigt, dass Ehe ein Prozess sei, der Entwicklungsmöglichkeiten fürs Individuum erlaube.

Dass Gläubige Dorothea und Niklaus von Flüe gemeinsam verehren, ist dabei längst eine Realität. «Die Verehrung ist denn auch ein spontaner Ausdruck der Volksfrömmigkeit», sagt Spichtig. «Mit der Selig- und Heiligsprechung will die kirchliche Autorität dies offizialisieren.» Dass der Papst die Verehrung eines Paars erlaubt, ist zwar selten. Es wäre aber keine Premiere. Laut Spichtig geschah dies auch im Fall der Eltern der als «Kleine Therese» bekannten Therese von Lisieux: Louis und Zeli Martin wurden 2008 selig und 2015 heiliggesprochen. Dass man nicht nur eine Einzelperson, sondern ein Ehepaar verehren könne, findet Spichtig einen «schönen, modernen Gedanken».

«Inspiration für Menschen auf heutigen Lebenswegen»

Auch von anderen Stellen kommen Rückmeldungen bezüglich Initiative der Schweizer Bischofskonferenz (SBK). Ursula Bründler, Leiterin des Zentrums Ranft in Flüeli-Ranft, teilt auf Anfrage mit: «Nur dank Dorothea konnte Bruder Klaus überleben und wirken, die nächstfolgenden Generationen prägen. Fürsorglichkeit und Askese bedingen einander, dann kann der Mensch fruchtbar werden und als Instrument des göttlichen Geistes wirken.» Dorothea habe Leben ermöglicht, Leben gespendet, Leben erhalten. «Sie konnte ihre spirituelle Herzlichkeit und Standhaftigkeit in Form umfassender Fürsorglichkeit mit Bruder Klaus verbinden und ein gemeinsames Fundament legen.»

Stiftung mit neuer Publikation

Der Stiftungsratspräsident der Bruder-Klausen-Stiftung, Daniel Durrer, bekräftigt auf Anfrage: «Die Stiftung begrüsst und fördert das Bewusstsein, dass Niklaus und Dorothea ein vorbild­liches – in diesem Sinne ein heiliges – Ehepaar sind. Unsere Gesellschaft und die Kirche brauchen heute neue Vorbilder für ein partnerschaftliches Miteinander von Eheleuten.»

Die Bruder-Klausen-Stiftung freue sich, wenn auf verschiedenen Ebenen dieses beispielhafte Miteinander des Ehepaares Niklaus und Dorothea gefördert und anerkannt werde. Durrer verweist auf die neue Publikation «Niklaus und Dorothee, so fern – so nah». Diese nehme das Thema auf und gebe Impulse ins Heute. Nadia Rudolf von Rohr ist Mitautorin der Publikation und zudem Co-Vorsteherin und Geschäftsstellenleiterin des Franziskanischen Laienordens in der deutschsprachigen Schweiz. Sie teilt auf Anfrage mit: «Die beiden sind ohne einander nicht zu denken – sie ermöglicht ihm zu werden, was Gott in ihm angelegt hat, und findet umgekehrt ihre eigene Lebensaufgabe.»

Die Anfrage der SBK in Rom mache nicht nur hinsichtlich der Volksfrömmigkeit Sinn, sondern erscheine mit Blick auf die zweimal zwanzig Ehejahre der beiden geboten: «Ihre ungewöhnliche Ehe- und Familiengeschichte inspiriert und ermutigt Menschen auch auf ihren heutigen Lebenswegen.»

* Ueli Abt ist Autor beim katholischen Medienzentrum kath.ch.