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Zug
Bei einem Ausbruch in einem Zuger Pflegeheim erkranken vier Personen an Covid-19, die immun sein sollten. Die zweifache Impfung habe nicht vor einer Ansteckung geschützt, attestieren die Behörden. Weshalb? Möglicherweise war der Zeitpunkt schuld.
Am 3. Februar soll ein Gefühl der Sicherheit zurückkehren, das seit fast einem Jahr niemand mehr gespürt hat: Bewohnerinnen und Bewohnern eines Zuger Pflegeheims wird zum zweiten Mal der Impfstoff von Pfizer/Biontech verabreicht, um sie vor den Auswirkungen einer Covid-19-Erkrankung zu schützen. Gut möglich, dass viele nach der Spritze erleichtert sind. Denn was das Virus anrichten kann, haben Senioren und Personal in den Wochen zuvor aus nächster Nähe erlebt.
Am 25. Dezember wird bekannt, dass eine betagte Person an Covid-19 leidet. Obwohl der oder die Erkrankte umgehend isoliert wird, sich sämtliche Bewohnerinnen und Bewohner der Abteilung im Erdgeschoss in Quarantäne begeben und sich jeder im Haus einem Coronatest unterzieht, breitet sich der Erreger aus. Bis Ende des Ausbruchs, den die Zuger Gesundheitsbehörden auf den 20. Januar datieren, stecken sich zwei Mitarbeitende und fünf Bewohner an - zwei von ihnen sterben innert zehn Tagen.
Um welches Heim es sich handelt, verrät der anonymisierte Untersuchungsbericht der Zuger Gesundheitsdirektion nicht, der unserer Zeitung vorliegt und über den der «Tages-Anzeiger» als Erster berichtet hat. Dafür zeigt das Dokument: Der 20. Januar markiert nur den Anfang einer ruhigen Zwischenphase, die in eine weitere turbulente Zeit übergeht.
Denn die Krankheit bricht am 10. Februar ein zweites Mal aus. Eine Person hat Fieber, Hals- und Gliederschmerzen; tags darauf muss eine andere mit schwerem Verlauf ins Spital eingeliefert werden. Erneut werden alle im Haus auf das Virus getestet. Das Gefühl der Unsicherheit ist wieder da.
Das Ergebnis der Tests überrascht: Zwar tauchen auf der Abteilung im Erdgeschoss keine weiteren Covid-19-Fälle auf. Dafür haben sich im Obergeschoss 8 von 15 Personen infiziert. «Bemerkenswert ist die Tatsache», schreiben die Autoren des Untersuchungsberichts, «dass ein Grossteil der getesteten Bewohner (...) 14 Tage vor der Umgebungsuntersuchung ihre zweite Impfung gegen Sars-CoV-2 erhalten hatten.»
Vier der acht positiv Getesteten waren am 6. Januar ein erstes Mal und am 3. Februar eine zweites Mal geimpft worden. Sie sollten also immun sein. Sind es aber nicht. Oder wie die Verfasser in ihrem Bericht festhalten:
«Die Impfung hat damit die Bewohnerinnen und Bewohner nicht signifikant vor einer Infektion geschützt.»
Was hat es mit den Erkenntnissen der Untersuchung auf sich? Auf Anfrage sagt der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri, der Zeitpunkt der Ansteckung könne möglicherweise eine Erklärung liefern:
«Die Ansteckungen liegen sehr nahe an der Verabreichung der Zweitimpfung. Es kann also sein, dass die Ansteckung zwischen der Erst- und der Zweitimpfung passiert ist und noch kein umfassender Impfschutz vorhanden war.»
Auch wenn es im Bericht heisst, die Impfung habe nicht bedeutend vor einer Ansteckung geschützt, will Hauri die Wirksamkeit des Vakzins nicht anzweifeln. Diese sei erstens in umfassenden Studien belegt worden und zweitens handle es sich im Fall aus Zug um geringe Fallzahlen, die keine Schlussfolgerungen zur Wirksamkeit zuliessen.
Von den acht infizierten Personen traten bei sechs keinerlei Symptome auf. Die anderen, die beide geimpft waren, litten an Erschöpfung und an Fieber. Dazu Hauri: «Die wichtigste und erfreuliche Erkenntnis ist, dass es auch bei den betagten Personen zu ausschliesslich sehr milden Verläufen gekommen ist.»