Cham
Weiterer Erfolg für Gegner des geplanten Gewerbebaus in der Rütiweid

Das eidgenössische Starkstrominspektorat muss sich nach einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts erneut mit dem Projekt befassen.

Manuel Bühlmann
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Pläne für einen Gewerbebau auf dem Gebiet der Chamer Rütiweid bestehen schon lange. Vor bald 20 Jahren lag erstmals eine Bewilligung vor. Bis heute existiert das Gewerbegebäude allerdings erst auf Papier. Im März 2018 erhielten die beiden Unternehmen, die hinter dem Projekt stehen, eine Holzbaufirma und eine Schreinerei, eine Baubewilligung für die mittlerweile angepassten Pläne.

Eine Gruppe von Anwohnern setzte sich dagegen zur Wehr. Beim Zuger Regierungsrat fanden sie Gehör; er hob den Beschluss des Chamer Gemeinderats auf. Die unterlegenen Unternehmen wandten sich in der Folge ans Zuger Verwaltungsgericht. Dieser Teil des Rechtsstreits ist noch nicht definitiv geklärt.

Parallel dazu läuft ein zweites Verfahren, das den unterschrittenen Mindestabstand zu einer Hochspannungsleitung betrifft. Der Gewerbebau in der geplanten Form reicht zu nahe an die Stromleitung heran. So weit, so unbestritten. In Ausnahmefällen kann das Eidgenössische Starkstrominspektorat trotz zu geringen Abständen eine Bewilligung erteilen. Von dieser Möglichkeit hat es bei der Rütiweid-Überbauung im Februar 2017 Gebrauch gemacht. Die Bewilligung ist an Auflagen geknüpft, die einen sich schnell ausbreitenden Brand verhindern sollen – vorgeschrieben sind etwa eine Sprinkleranlage und sichere Baumaterialien.

Kritik von Anwohnern – und vom Bundesgericht

Den Anwohnern genügen diese Vorgaben nicht. Die Gefahren eines zu geringen Abstands seien von der Behörde zu wenig berücksichtigt worden, kritisieren sie. Das Risiko eines explosionsartigen Brandes sei hoch und könne nur mit einer ausreichenden Distanz vermieden werden. Das Bundesverwaltungsgericht äussert in seinem aktuellen Urteil ebenfalls Kritik am Entscheid des Starkstrominspektorats. Der Grund: Wichtige Informationen fehlen. Nur im Ausnahmefall dürfe der Mindestabstand zu einer Hochspannungsleitung unterschritten werden, heisst es im Urteil.

Weil der Entscheid über die Zulässigkeit einer zu geringen Distanz technisches Fachwissen erfordere und der Behörde dabei ein erhebliches Ermessen zukomme, sei ein hoher Massstab an die Begründung einer Ausnahmebewilligung zu setzen. Eine Anforderung, die das Starkstrominspektorat beim Rütiweid-Projekt nicht erfüllt hat. Die beiden Richterinnen und der Richter halten fest:

«Entsprechend ist es dem Bundesverwaltungsgericht auf dieser Grundlage nicht möglich, die Rechtmässigkeit der Verfügung zu beurteilen.»

Durch die ungenügende Begründung des damaligen Entscheids sei zudem das rechtliche Gehör der Anwohner verletzt worden.

Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Eidgenössische Starkstrominspektorat muss sich nochmals mit dem Projekt befassen und danach neu entscheiden. Für die Gegner der Baupläne ein Erfolg, für die verantwortlichen Unternehmen ein Rückschritt – sie müssen um die bereits sicher geglaubte Ausnahmebewilligung bangen, die für den Gewerbebau benötigt wird. Das Urteil kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Urteil A-262/2020 vom 1. März 2021