Das Geschäft mit drei- und vierstelligen ZG-Schildern floriert. Eine Scheibe davon schneidet sich auch der Kanton ab.
«Ein Mann wollte die Nummer kaufen, ohne über den Preis zu verhandeln», erzählt die im Kanton Zug wohnhafte Frau, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Kurz vor Weihnachten hat sie sich entschlossen, ihr vierstelliges Autokennzeichen zu verkaufen. Die Anzeige im «Zuger Amtsblatt» war kurz und bündig: «Zu verkaufen: 4-stellige Autonummer ZG 1XXX, Fr. 9500.–.» Der potenzielle Käufer, der sich bei ihr gemeldet habe, sei Unternehmer und erst vor kurzem in den Kanton Zug gezogen. «Das war dann auch die Begründung, weshalb er so viel Geld für eine Autonummer ausgeben wollte», erinnert sich die Inserentin.
Dass das Geschäft mit den Autokennzeichen floriert, hat auch der Kanton festgestellt und sich ein Stück von dem Kuchen abgeschnitten. Denn wer sein Kontrollschild wechselt, der bezahlt 250 Franken. «Die Erfahrung zeigt, dass wir jährlich zwischen 800 und 1000 Abtretungen von Kontrollschildern vornehmen», sagt der Leiter des Strassenverkehrsamtes, Markus Feer. So nimmt der Kanton Zug pro Jahr zwischen 200 000 und 250 000 Franken ein, weil eine Autonummer ihren Besitzer wechselt. Die meisten dieser Wechsel finden auf dem privaten Markt statt. Denn im Gegensatz zu den Kantonen Luzern und Zürich handhabt Zug die Übertragung von Autonummern liberal. «Wer möchte, kann sein Kontrollschild an eine Person seiner Wahl weitergeben», erläutert Feer. Wer ein ZG-Schild erwerben wolle, müsse einfach die Immatrikulationsbedingungen erfüllen. Das heisst, man muss den Wohnsitz sowie das Fahrzeug im Kanton stationiert haben. «Zu Sammelzwecken können die Schilder also nicht abgegeben werden», betont Feer.
In Zürich und Luzern ist eine solche private Weitergabe nicht möglich. In beiden Kantonen ist der Handel mit Autokennzeichen verboten. Die Nummernschilder können dort lediglich innerhalb der Familie weitergegeben werden. Wer eine tiefe Nummer oder ein aussergewöhnliches Kennzeichen erwerben will, kann dies nur über das Strassenverkehrsamt tun. In Zürich werden die begehrten Schilder versteigert, in Luzern wird der Preis für ein Kennzeichen vom Strassenverkehrsamt gleich selbst festgesetzt. Der Kanton Zürich nimmt damit jährlich einen tiefen Millionenbetrag ein. Auf der Homepage des Zürcher Strassenverkehrsamtes ist denn auch ersichtlich, welche Nummer wie viel einspielt. Aktuell liegt das Höchstgebot für ein Kennzeichen – ZH 1898 – bei 14 100 Franken.
Von solchen Beträgen für die Kantonskasse kann das Zuger Strassenverkehrsamt nur träumen. Hier sind Versteigerungen nicht möglich. Denn dazu braucht es eine entsprechende gesetzliche Grundlage, und die fehlt im Kanton Zug. Zwar wollte im Zusammenhang mit der Revision des Motorfahrzeugsteuergesetzes im Jahr 2011 der Regierungsrat eine solche schaffen. Der Kantonsrat lehnte die Vorlage jedoch ab. Dafür finden aber zweimal im Jahr – jeweils in der ersten Woche im Mai und in der ersten Woche im November – Verlosungen statt. «Die Verlosung wird seit 1983 durchgeführt. Dabei werden nur drei- und vierstellige Kontrollschilder verlost», erklärt Feer. Wer mitmachen möchte, kann im Internet unter www.zug.ch/strassenverkehrsamt ein Formular ausfüllen. Die Verlosungen sind, ausser den Abtretungsgebühren, kostenlos. Die Zahl der Kontrollschilder, die zur Verfügung steht, ist allerdings beschränkt. Die liberale Übertragung der Autonummern habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass das Strassenverkehrsamt nur noch über sehr wenige drei- und vierstellige Kennzeichen für die Verlosung verfüge, sagt Feer. «Momentan werden noch zehn Personenwagen- und fünf Motorradschilder zweimal jährlich verlost.» Pro Verlosung gehen jeweils zwischen 400 und 600 Anfragen ein.
Ob nun aber die Kennzeichen versteigert, verkauft oder gar bei einer Verlosung gewonnen werden, eine Frage stellt sich: Warum legen Leute so grossen Wert darauf, mit welcher Autonummer sie durch die Strassen fahren? Und warum sind gewisse Personen gar bereit, horrende Beträge für die drei, vier oder fünf Ziffern auszugeben? Die Antwort darauf ist nicht ganz einfach. Die Zugerin, die ihr Kennzeichen für 9500 Franken verkaufen wollte, hat sich den Reim gemacht: «Der Interessent ist neu im Kanton Zug, möchte aber wohl eine tiefe Nummer, damit er als alteingesessen wahrgenommen wird.» Ähnlich erklärt es sich auch Markus Feer: «Für die einen mag es einen Stellenwert haben, für andere hat es mit Tradition zu tun. Die Frage ist schwer zu beantworten.» Doch mit dem letzten Punkt liegt trifft Feer wohl einen wahren Punkt. Denn auch die Inserentin hadert noch mit ihrem Verkaufsentscheid: «Ich habe mir Bedenkzeit bis Mitte Monat eingeräumt. Ich fahre schon seit 1972 mit dieser Autonummer, und irgendwie hänge ich halt doch daran», erzählt sie.