Bereits im Herbst soll die neue Asylunterkunft bezogen werden. Am gestrigen Info-Anlass gingen die Meinungen auseinander.
Rahel Hug
Wie sieht das konkrete Bauprojekt für das Asylzentrum in der Obermüli Süd aus? Was motiviert die Eigentümerschaft der Hotz Obermühle AG, diesen Bau zu erstellen? Und wie soll das Zusammenleben der Asylsuchenden mit der Bevölkerung funktionieren? Antworten auf diese brennenden Fragen gab es gestern Abend im Gemeindesaal Baar. Die Direktion des Innern hatte zur Orientierungsveranstaltung eingeladen – und das Volk kam zahlreich. Der Saal war prall gefüllt.
Bekanntlich hat die Zuger Regierung nach einer öffentlichen Ausschreibung der Hotz Obermühle AG im November 2015 den Zuschlag für eine Asylunterkunft in Baar erteilt. Bis im Herbst 2016 soll auf dem Grundstück im Ortszentrum Wohnraum für rund 100 Asylsuchende entstehen. Der Mietvertrag soll auf zehn Jahre befristet sein. Das Bauprojekt ist nun ausgearbeitet und soll bereits morgen bei der Gemeinde eingereicht werden, wie Rosmarie Müller-Hotz, Architektin des Büros NRS-Team GmbH, dem Publikum erklärte. Das Projekt sieht einen 40 Meter langen, dreigeschossigen Bau aus vorgefertigten Holzmodulen vor. «Das ermöglicht eine sehr kurze Bauzeit», führte Müller-Hotz aus. Insgesamt wird den Asylbewerbern eine aktive Fläche von 1500 Quadratmetern zur Verfügung stehen. Dazu gehören ein Pflanzbereich, ein Kinderspielplatz, ein Sportplatz sowie ein Begegnungsplatz. Zu stehen kommen soll die Siedlung mit 17 Wohnungen auf dem westlichsten Baufeld der rund 36 000 Quadratmeter grossen Wiese, gleich neben dem Begegnungs- und Bildungszentrum Eckstein.
«Zweckmässige Unterkünfte an geeigneten Standorten sind eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Integration der Flüchtlinge», hielt Roman Hotz im Namen seiner Familie, zu der auch die ehemalige Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz gehört, fest. Der Vertreter der Eigentümer liess es sich dabei nicht nehmen, einige Seitenhiebe an einzelne Gegner der Unterkunft zu richten: «Polemik und Angstmacherei sind in dieser Diskussion nicht zielführend.» Für die Hotz Obermühle AG sei dieses Projekt ein Beitrag, um die aktuell angespannte Situation im Asylbereich zu entschärfen. Das funktioniere aber nur, wenn die Bevölkerung den Asylsuchenden offen und wohlwollend gegenübertrete. Gleichzeitig stellte der Eigentümer klar, dass er nicht, wie ihm vorgeworfen worden sei, Profit aus der Unterkunft schlagen wolle. «Wir stellen das Land gratis zur Verfügung.»
Neben der Bauherrschaft fassten auch Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard, Jris Bischof, Leiterin des kantonalen Sozialamtes, der Baarer Bauchef Paul Langenegger sowie Gemeindepräsident Andreas Hotz ihre Informationen kurz und bündig zusammen. «Wir hoffen, dass wir hier den dringendst benötigten Wohnraum realisieren können», erklärte die Direktorin des Innern, um kurz darauf das Wort an Jris Bischof weiterzugeben, die über das Betriebskonzept orientierte. Paul Langenegger machte deutlich, dass das Baugesuch einen «ganz normalen Weg» machen werde, und Andreas Hotz betonte, dass der grösste Teil der in Baar lebenden Asylbewerber nicht negativ auffalle und der Gemeinderat dieser privaten Initiative positiv gegenüberstehe. «Die Bedingung ist, dass die Spielregeln eingehalten werden.»
Nicht alle stehen dem Projekt so positiv gegenüber wie die Baarer Exekutive, wie sich in der anschliessenden Diskussion zeigte. Es existiere eine gewisse Angst in der Bevölkerung, gerade angesichts der Ereignisse in Köln, äusserte sich Bäckermeister und CVP-Mitglied Silvan Hotz. «Wir haben in den letzten Jahren viele Erfahrungswerte gewonnen», entgegnete Peter Niederberger von der Zuger Polizei. Es habe sehr selten Beschwerden gegeben, bei denen man ein zweites Mal habe eingreifen müssen. «Wir sind präsent, und wir kennen die Problemherde.» Die Anwesenden wollten weiter wissen, wie denn die Gemeinde dafür sorge, dass die Asylsuchenden in den Arbeitsmarkt integriert werden. SVP-Kantonsrat Michael Riboni stellte die Frage, ob nach dem Bau dieser Unterkunft der Kanton weiterhin in Baar nach Unterbringungsmöglichkeiten suche – wenn die Gemeinde ja dann ihr Soll erfülle. Oliver Wandfluh, ebenfalls SVP-Kantonsrat, äusserte sich kritisch betreffend die Sozialkosten und wollte wissen, wer denn überhaupt im Zentrum wohnen werde. «Das ist im Moment sehr schwierig zu sagen. Derzeit kommen vor allem afghanische Familien», antwortete Jris Bischof.
Für Lacher sorgte Paul Utiger, als er anregte, die SVP, die mit der Öffentlichmachung der Bauanfrage (siehe Box) ja ebenso Kosten ausgelöst habe, könne diese doch nun selber übernehmen. Daraufhin meldete sich Nationalrat Thomas Aeschi zu Wort und konterte: «Wir wollten die Bevölkerung informieren. Die Kosten hat der Gemeinderat mit der Strafanzeige ausgelöst.» Einen kräftigen Applaus hatte Peter Langenegger vom in der Submission unterlegenen Motel Sihlbrugg auf seiner Seite, als er Roman Hotz direkt ansprach und fragte: «Weshalb geben Sie Ihr Land eigentlich nicht gratis für günstigen Wohnungsbau ab?» Zwei Baarerinnen äusserten ihr Unbehagen und ihre Angst vor Sexualdelikten, während ein direkter Anwohner befürchtete, dass seine Mieter die Liegenschaft wegen des Asylheims verlassen würden. Hätte nicht Moderatorin Sabine Windlin die Diskussion um 21 Uhr beendet, es wäre wohl noch stundenlang weiterdebattiert worden.