Luzern
Stadtrat erntet wegen Määs-Entscheid massive Kritik

Das Luzerner Stadtparlament setzte ein Fragezeichen hinter die Glaubwürdigkeit des Stadtrats. Klar wurde aber: Soll das Inseli grün werden, braucht es eine Alternative für die Herbstmesse.

Beatrice Vogel
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Da war noch alles gut: Lozärner Määs auf dem Inseli 2018.

Da war noch alles gut: Lozärner Määs auf dem Inseli 2018.

Bild: Roger Rüegger (Luzern, 16. Oktober 2018)

Dass es emotional werden würde, war von vornherein klar: Der im Januar kommunizierte Entscheid des Luzerner Stadtrats, dass die Määs langfristig nicht mehr auf dem Inseli stattfinden wird, schlug hohe Wellen. Und emotional war die Debatte der dringlichen FDP-Interpellation zu diesem Thema. Besonders scharfe Worte fand Interpellant Fabian Reinhard:

«Der Stadtrat hat vor der Abstimmung über die Inseli-Initiative falsche Versprechungen gemacht und die Stimmbevölkerung getäuscht.»

Er habe damals versprochen, dass die Määs weiter ohne Einschränkungen auf dem Inseli stattfinden könne und es weiterhin Haltekanten für Cars am Inseli gibt. Beides ist gemäss der Argumentation des Stadtrats nicht mehr möglich.

Kritik kam nicht nur von den Bürgerlichen

Reinhard kritisierte auch die Kommunikation des Stadtrats im Januar. Insbesondere habe er vermisst, dass die Machbarkeitsstudie, auf die sich der Stadtrat unter anderem stützt, nicht mit der Medienmitteilung veröffentlicht wurde. Diese wurde zwar auf der Stadt-Website aufgeschaltet, allerdings unter den Dokumenten zum linken Seeufer. Thomas Gfeller (SVP) doppelte nach, dass die Bevölkerung den nun gefällten Entscheid nicht verstehe. Manche hätten vor fünf Jahren wohl anders gestimmt, wenn sie die Konsequenzen gekannt hätten.

Andreas Felder (Mitte) hielt dem Stadtrat immerhin zugute, dass er die Grösse hatte zuzugeben, die Lage im Vorfeld der Abstimmung falsch eingeschätzt zu haben. «Nicht einverstanden sind wir aber mit der Argumentation, dass neue Erkenntnisse vorliegen.» Die Faktoren Durchgangsbahnhof und Klima, die der Stadtrat nun ins Feld führe, seien schon lange bekannt. Ausserdem zeige die Machbarkeitsstudie ja einen Kompromiss auf – und der Stadtrat weigere sich, diesen umzusetzen.

Gelassener schaute Jules Gut (GLP) auf die Situation: «Der Stadtrat hat gehandelt und entschieden. Er hat klare Kante gezeigt, was wir ja immer von ihm fordern.» Nun gelte es, nach vorne zu blicken. Das will auch die SP, die zwar ebenfalls bemängelte, dass die Versprechungen nicht eingehalten wurden. «Es ist aber verantwortungsbewusst, dass der Stadtrat nicht die gesamte Umgestaltung des Inselis auf die Määs ausrichtet», befand Yannick Gauch.

Grünes Inseli chancenlos ohne Määs-Alternative

Für die Grünen sei das Inseli als Erholungsraum nicht verhandelbar, sagte Christian Hochstrasser. Seine Fraktion gewichte ein ganzjähriges grünes Inseli höher als zwei Wochen Määs. Trotzdem: «Wir werden der weiteren Planung für das Inseli erst zustimmen, wenn die Zukunft der Määs geklärt ist», sagte Hochstrasser und lieferte eine der wohl wichtigsten Aussagen der Debatte später nach:

«Keine Lösung für das Inseli wird in der Bevölkerung eine Chance haben, wenn nicht gleichzeitig eine Alternative für die Määs aufgezeigt wird.»

Es drohe ein Scherbenhaufen. Denn so viel ist schon klar: Höchstwahrscheinlich wird das Parlament den Bericht und Antrag zum Inseli dem obligatorischem Referendum unterstellen, um die Umsetzung der Initiative demokratisch zu legitimieren.

Der Stadtrat streute – nachdem er die ganze Kritik absorbieren musste – Asche auf sein Haupt. «Wir wollen nichts schönreden und haben Verständnis für die Kritik», sagte Baudirektorin Manuela Jost (GLP). Die technischen Details hätte man tatsächlich schon vor der Abstimmung klären können, beispielsweise wie ein Platz für schwere Fahrgeschäfte befestigt sein muss. «Trotzdem kamen in den letzten fünf Jahren neue Erkenntnisse hinzu» – insbesondere zum Durchgangsbahnhof, aber auch zum Baum- und Gewässerschutz, so Jost.

Der Entscheid sei nach langem, kontroversen Abwägen und breiter Variantenprüfung gefallen und zwar im Hinblick auf eine langfristige Lösung. Ein grünes Inseli sei hinsichtlich des künftigen Nutzungsdrucks im Bahnhofbereich die beste Lösung. Und auch mit der Kompromissvariante seien grosse Fahrgeschäfte nicht möglich. Umweltdirektor Adrian Borgula (Grüne) ergänzte zum Schluss, der Stadtrat habe nie gelogen: «Wir waren immer der Überzeugung, dass unsere Aussagen richtig sind.»