In einem offenen Brief an die Reformierten Kirchen Bern- Jura-Solothurn beklagen sich die Freidenker darüber, dass die Zeitschrift «reformiert.» auch an nicht reformierte Haushalte verteilt wird.
Mirjam Arnold
«Durch verschiedene Anfragen haben wir diesen Sommer Kenntnis erhalten von der Tatsache, dass in Ihrem Zuständigkeitsgebiet viele Kirchgemeinden die Zeitung «reformiert.» für sämtliche Einwohner abonnieren.» Das schreibt die Freidenker-Vereinigung der Schweiz (FVS) in einem offenen Brief an die Kirchenkanzlei der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn.
Betroffen von diesem wahllosen Versand seien Haushalte, die im Gebiet von rund 135 reformierten Kirchgemeinden der drei Kantone wohnen. Aufgrund der Rückmeldungen aus der Bevölkerung habe sich die FVS nebst dem offenen Brief dazu entschieden, eine «Kein-reformiert.!»-Kleber-Aktion zu starten.
Eine «Qualitätsberichterstattung»
Hannes Josi, Vorstandsmitglied der Kirchenzeitschrift «reformiert.», leugnet das Bestehen solcher Zwangsabos nicht. Er sieht aber nichts Schlechtes daran. Der Versand habe keine missionarischen Gründe, betont Josi. Zudem zeichne sich «reformiert.» durch Qualitätsberichterstattung aus. «Viele Texte sind durchaus kritisch und wir sind immer offen für neue Themen.» Dies sei ein Grund, weshalb die Kirchenzeitschrift auch an nicht-reformierte Haushalte verschickt werde.
Hannes Josi: «Wir haben immer wieder Anfragen von Personen, die nicht der reformierten Kirchgemeinde angehören.» Auch die Freidenker müssen sich mit Religion auseinandersetzen», meint Josi provokativ. Wer die Zeitschrift künftig aber nicht mehr im Briefkasten haben möchte, könne sich bei der örtlichen Post auf eine Negativliste setzen lassen.
Genau das aber stört die FVS. «Es kann doch nicht sein, dass man sich auf eine Liste setzen lassen muss, wenn man eine Zeitung nicht abonnieren will», ereiferte sich Reta Caspar von der Freidenker-Vereinigung. Und weiter: «Die Zeiten, in denen der Glaube jemandem aufgedrängt wurde, sind nun endgültig vorbei.» Aus Caspars Sicht sollte «reformiert.» gleich behandelt werden wie jede andere Abo-Zeitung.
In der Region Solothurn scheint die reformierte Kirchenzeitschrift nur an Reformierte verschickt zu werden. Im Gebiet Grenchen-Bettlach ist das jedenfalls der Fall, wie Kirchgemeindepräsident Rolf Enggist gegenüber dieser Zeitung betonte. «Das wahllose Verschicken einer reformierten Zeitschrift ergibt in einer Region, wo Reformierte und Katholiken etwa zu gleichen Teilen vertreten sind, keinen Sinn.» Der Briefkastenaufkleber kann bei der Freidenker-Vereinigung gratis bezogen werden.