Gleisunterführung
Der Westen von Wil bekommt einen neuen Veloweg – das wird ausgerechnet von den Velofahrenden kritisiert

Im Westen der Stadt Wil soll eine neue Gleisquerung für den Langsamverkehr geschaffen werden. Verbände und Anstösser finden, das Projekt ist zu stark auf Wil West zugeschnitten. Doch für die Stadt drängt die Zeit.

Jochen Tempelmann
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Der Veloweg soll am Waldrand links im Bild entstehen, das Wohnquartier im Vordergrund wird vorerst nicht angeschlossen.

Der Veloweg soll am Waldrand links im Bild entstehen, das Wohnquartier im Vordergrund wird vorerst nicht angeschlossen.

Bild: PD

Die Stadt Wil bemüht sich um eine Verbesserung des Veloverkehrs. 2011 wurde mit der Annahme der Veloinitiative die Förderung des Velos als Verkehrsmittel festgehalten, 2016 folgte die Velostrategie der Stadt.

Seitdem hat sich zwar etwas getan – doch die grossen Baustellen wurden kaum angegangen. Eine davon sind zusätzliche Verbindungen unter den Bahntrassen: Bis heute gibt es westlich des Bahnhofs auf Wiler Gebiet keine Gleisquerung. Nun tritt die Stadt fleissig in die Pedale: Schon 2025 soll eine neue Unterführung für den Langsamverkehr zwischen der Gaswerkstrasse und der Sirnacherstrasse entstehen. Am 19. Januar endet die Mitwirkungsphase.

Kritik vonseiten der Profitierenden

Bis 17. Januar waren vier öffentliche Stellungnahmen eingegangen. Darin kritisieren unter anderem Pro Velo und der Quartierverein Wil West das Projekt – und damit ausgerechnet jene, die vermeintlich am meisten profitieren.

Während die Velostrategie die nun geplante Unterführung im Kontext eines grösseren Wegnetzes sieht, wird vorerst nur ein Teilstück von rund 600 Metern Länge realisiert. Was Pro Velo und den Quartierverein stört: Ein direkter Anschluss des Westquartiers nördlich der Gleise ist vorerst nicht vorgesehen. Dafür wäre eine weitere Gleisquerung der Bahnstrecke nach Weinfelden nötig.

«Die Zieldefinition ist zu eng gefasst und sollte unabhängig von Wil West erfolgen», schreibt Daniel Schlepfer von Pro Velo in seinem öffentlichen Beitrag zur Mitwirkung. Tatsächlich wird Wil West im technischen Bericht zum Veloweg rund vierzig Mal genannt. Für den Langsamverkehr wäre das Teilstück ein bedeutender Zubringer zum Areal. Das Problem ist, dass die Zukunft von Wil West nach dem Nein des kantonalen Stimmvolks ungewiss ist.

Nicht nur ein Zubringer für Wil West

Ursula Egli, Stadträtin Wil (SVP).

Ursula Egli, Stadträtin Wil (SVP).

Bild: PD

Stadträtin Ursula Egli, Vorsitzende des Baudepartements, betont, dass der Stadtrat weiter an ein Zustandekommen von Wil West glaubt. Darüber hinaus sagt sie, dass die Veloverkehrsachse im Westen von Wil auch ohne Wil West eine wichtige Lücke schliesse:

«Mit dem geplanten Projekt wird eine adäquate Nord-Süd-Verbindung geschaffen und das Radfahren für den Alltags- und Freizeitverkehr gemäss kommunalem Richtplan für Verkehr gefördert.»

Darüber hinaus würde mit dem Projekt eine wichtige Basis für künftige Ost-West-Verbindungen geschaffen, wie sie Pro Velo und der Quartierverein fordern. Zum Anschluss des Westquartiers erklärt sie: «Sobald sich die Überbauungsabsichten der Grundeigentümer im Areal Lenzenbüel konkretisieren, wird das Projekt angegangen und auf die Erschliessungssituation der Arealentwicklung abgestimmt.»

Daniel Schlepfer von Pro Velo führt darüber hinaus noch eine ganze Reihe an Kritikpunkten an: So sei die Situation an der Sirnacherstrasse ungenügend, wo Velofahrer eine Tempo-80-Strasse queren müssen. Auch, dass das Teilstück nördlich der Bahnunterführung als Kiesweg ausgeführt werden soll, stösst beim Veloverband auf Unverständnis.

Pro Velo sieht weitere Kritikpunkte

Die Anlieger am südlichen Ende des Wegs bewerten den neuen Weg gemischt: «Es besteht ein genereller Wunsch nach sicheren und direkten Veloverbindungen», sagt Doris Dietler Schuppli, Rektorin der Kantonsschule. Rund 80 Schülerinnen und Schüler könnten vom Weg profitieren – «sofern die Anschlüsse entsprechend vorgesehen werden», sagt sie.

Matthias Loepfe, Vorstandsmitglied Gare de Lion, Stadtparlamentarier Grüne Prowil.

Matthias Loepfe, Vorstandsmitglied Gare de Lion, Stadtparlamentarier Grüne Prowil.

Bild: PD

Auch Matthias Loepfe vom Vorstand des Gare de Lion, begrüsst die neue Gleisquerung, stört sich aber an den konkreten Planungen. Diese sehen einen Zaun zwischen Kulturlokal und Veloweg vor. Er sagt:

«Wir erachten es als Kuriosum, dass ein öffentlicher Veloweg unmittelbar an einem öffentlichen Gebäude mit rund 15’000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr vorbeiführt, ohne es direkt anzubinden.»

Während die neue Gleisquerung grundsätzlich Zuspruch findet, sorgt die konkrete Umsetzung für Diskussionen. Wie weit die Stadt darauf eingeht, bleibt abzusehen. Denn der Zeitplan ist eng: Das insgesamt rund 8 Millionen Franken teure Projekt wird unter anderem vom Agglomerationsprogramm des Bundes mit 1,8 Millionen gefördert, der Anteil der Stadt beträgt 2,8 Millionen Franken. Damit die Gelder abgerufen werden können, muss der Bau aber noch 2025 starten.

Noch enger wird der Zeitplan wegen der Bahn: Wenn die Unterführung bis 2024 nicht fertig ist, müsse ein neues Zeitfenster mit den SBB reserviert werden, sagt Egli.