Projektwoche
Studenten machen Schule – den Lehrerberuf illusionslos kennen lernen

An der Jost-Bürgi-Schule in Lichtensteig springen Studierende der Pädagogischen Hochschule St.Gallen für eine Woche «ins kalte Wasser».

Josef Bischof
Drucken
Sie informierten: (von links) Andreas Angehrn und Paul Quan (PHSG), Schulpräsidentin Petra Stump, Stadtpräsident Mathias Müller, Heidrun Neukamm (PHSG) und Schulleiter Raphael Dudli.

Sie informierten: (von links) Andreas Angehrn und Paul Quan (PHSG), Schulpräsidentin Petra Stump, Stadtpräsident Mathias Müller, Heidrun Neukamm (PHSG) und Schulleiter Raphael Dudli.

Bild: Josef Bischof

Mit dem Pilotprojekt Studenten machen Schule (SmS) sind in Bronschhofen gute Erfahrungen gemacht worden. Vom 9. bis 20. Januar 2023 werden auch an der Jost-Bürgi-Schule in Lichtensteig «Studierende Schule machen». Das von der Schule und der Pädagogischen Hochschule St.Gallen gemeinsam geplante Projekt ist am Mittwochabend den Eltern vorgestellt worden.

Schulpräsidentin Petra Stump bezeichnete das Projekt SmS als massgeschneidert für die Schule Lichtensteig. Die Jost-Bürgi-Schule zählt je drei Klassen auf der Unter- und der Mittelstufe. Das engagierte Lehrerteam sei offen für Neues und arbeite seit Jahren gut zusammen. Sie übergebe im Januar die ganze Schule ohne Bedenken den Studierenden. Das Projekt passe zu Lichtensteig, das als Innovationsmotor wirken wolle, sagte auch Stadtpräsident Mathias Müller. Lichtensteig arbeite auch in anderen Bereichen mit Hochschulen zusammen.

Schulleiter Raphael Dudli sieht das Projekt als Beitrag für die zukünftige Entwicklung der Schule. Es schlage eine Brücke von der Theorie zur Praxis. Weil die Studierenden die ganze Schule übernähmen, ergebe sich für das Team die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und zur internen Weiterbildung.

Nahe an der Realität

Von der Pädagogischen Hochschule (PH) St.Gallen informierten die Studiengangleiterin Heidrun Neukamm und die beiden Projektbegleiter Andreas Angehrn und Paul Quan über das Vorhaben. Die Grundfrage formulierte Andreas Angehrn so: «Wie kann eine praktische Ausbildung möglichst nahe an die Realität herangeführt werden?» Realität lasse sich nicht simulieren. Alle diesbezüglichen Anstrengungen in der Hochschule seien kein vollwertiger Praxisersatz.

Auch andere Berufe versuchten in der Ausbildungszeit Praxissituationen zu schaffen. Angehrn führte den Verkauf an, wo Lernende für eine bestimmte Frist selbstständig ein Geschäft führten. Erfolgreiches eigenes Tun stärke das Selbstvertrauen und die Freude am Beruf. Für den Lehrerberuf sei das mit dem Projekt SmS in Bronschhofen erreicht worden. Gerne führe man es deshalb in Lichtensteig weiter.

Verantwortung übernehmen

Das Projekt SmS wird gründlich vorbereitet und begleitet. Die Studierenden besuchen die Klassen schon im Vorfeld und führen Lernstandserfassungen durch. Ebenfalls vor der Übernahme gibt es Unterrichtslektionen der Studierenden im Tandem mit den verantwortlichen Klassenlehrpersonen. Eine Woche lang sind die Studierenden dann selbstständig tätig und gefordert.

Zwölf Studierende der Pädagogischen Hochschule St.Gallen freuen sich, im Januar eine Woche lang in Lichtensteig selbstständig zu unterrichten.

Zwölf Studierende der Pädagogischen Hochschule St.Gallen freuen sich, im Januar eine Woche lang in Lichtensteig selbstständig zu unterrichten.

Bild: Joseg Bischof

Ein kleiner Unterschied zur Praxis besteht insofern, als dass immer zwei Studierende im Team eine Klasse unterrichten. Das wird in ihrem künftigen Berufsalltag nicht die Regel sein. Im Projekteinsatz ist Teamarbeit unerlässlich, im Vorfeld auch mit den verantwortlichen Klassenlehrpersonen. Ein erwünschter Aspekt, denn die Lehrperson der Zukunft wird nicht mehr als Einzelkämpfer in ihren vier Wänden gesehen.

Als weiteren Grund für das Projekt führte Andreas Angehrn die Schwierigkeit an, genügend Praktikumsleiter zu finden. Die Belastung durch schwierige Schülerinnen und Schüler liesse das zusätzliche Engagement nicht mehr zu. Damit fehlten Praktikumsplätze. Die verbleibenden Möglichkeiten bei problemlosen Klassen stellten nicht mehr die schulische Alltagsrealität dar. Auch dass Praktika immer durch einen Coach betreut würden, bilde die Berufsrealität nicht ab.

Unruhe im Unterricht?

Das SmS-Projekt ist auf Interesse gestossen. Auf die Ausschreibung haben sich 40 Studierende beworben. Zwölf sind ausgewählt worden. Sie waren in Lichtensteig anwesend und freuen sich auf ihren Einsatz im Januar. Fünf äusserten in einer Podiumsrunde ihre Erwartungen. Eine junge Lichtensteiger Lehrerin erzählte von durchwegs positiven Erfahrungen, welche sie während ihres Studiums als Teilnehmerin des gleichnamigen Projekts in Bronschhofen gemacht hatte.

Die Eltern scheinen dem Projekt insgesamt positiv gegenüberzustehen. Eine Mutter stellte die kritische Frage, ob zusammen mit weiteren Praktikumseinsätzen nicht zu viel Betrieb in die Klassen käme und die Kinder mit zu vielen Bezugspersonen konfrontiert würden. Die Projektbegleiter wiesen auf den überdurchschnittlichen Lernerfolg hin, der im Anschluss an die Projektwochen ermittelt worden sei.