Was kann die öffentliche Sozialhilfe das ihrige dazu beitragen, damit es weniger Kesb-Massnahmen braucht? Mit der Frage beschäftigte sich die Thurgauische Konferenz der öffentlichen Sozialhilfe. Amriswil zeigt den Weg auf.
Die Reduktion der Kesb-Massnahmen dank guter Zusammenarbeit mit den Sozialen Diensten kann gelingen. Diesen Beweis traten Tamara Sulzberger, Leiterin Soziale Dienste Amriswil, und ihre Stellvertreterin Cornelia Good am Mittwoch in Littenheid an der Herbstkonferenz der Thurgauischen Konferenz der öffentlichen Sozialhilfe (TKöS) an.
Amriswil habe in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen damit gemacht, sich bei der Anordnung von Kesb-Massnahmen sehr zurückzuhalten. Man habe oft andere Lösungen gefunden. Good plädierte dafür, nicht einfach eine Gefährdungsmeldung zu machen:
«Die Sozialen Dienste sollten häufiger auch den Mut haben, Beistandschaften nicht nur zu errichten, sondern sie auch aufzuheben.»
Sulzberger und Good schilderten am Beispiel anonymisierter Fälle, dass dieser Schritt mit Geduld und Umsicht gelingen kann. Konnten doch in Amriswil seit der Einführung der freiwilligen Einkommens- und Vermögensverwaltung (EKV) 2015, ein Drittel der EKV-Fälle umgewandelt werden. Und die Tendenz ist weiter steigend. Als realistisches Ziel gab Sulzberger ein Verhältnis von 60 Prozent an gesetzlichen und 40 Prozent an freiwilligen Mandaten an. Mehr noch: «Im Jahr 2021 kippte das Verhältnis bei uns in Amriswil. Und wir hatten bei der EKV erstmals mehr freiwillige als Kesb-Mandate, nämlich 157 zu 132.» Die Erfahrungen bei der Auflösung von Beistandschaften im Rahmen des EKV sind laut Sulzberger für die Stadt Amriswil sehr positiv: «Wir hatten bis jetzt keine Rückführungen in Beistandschaften, keine Vermögensschäden und keine Schadensersatzforderungen. Und zudem sind unsere Klientinnen und Klienten sehr zufrieden mit dieser Dienstleistung.»
Regierungsrat Urs Martin dankte seinerseits allen Sozialen Diensten und den Freiwilligen für ihre unkomplizierte Hilfe. Gerade in der Ukraine-Krise habe er wieder einmal erfahren dürfen, wie gut und schnell das Miteinander im Thurgau funktioniere:
«Die Zeitungen schreiben bei uns nichts Negatives über die Flüchtlingshilfe – und das ist ein gutes Zeichen.»