Kultur
Auf der Suche nach dem «Wir»: Szenischer Stadtrundgang will im multikulturellen Frauenfeld Schablonen hinterfragen

Von Frauenfeld mit Frauenfeld für Frauenfeld: Zwei Theaterschaffende wollen mit der Bevölkerung einen Stadtrundgang über das Daheim- und Fremdsein erarbeiten. Die Aufführungen sollen im Juni 2023 stattfinden. Kürzlich fand im Stadtlabor dazu eine Art Informations-Kick-off-Veranstaltung statt.

Mathias Frei
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Angeregte Diskussionen nach der Kick-off-Veranstaltung vor dem Stadtlabor.

Angeregte Diskussionen nach der Kick-off-Veranstaltung vor dem Stadtlabor.

Bild: Mathias Frei

«Wenn mir do si, si mir eifach do. Verschteisch.» So endet ein Gedicht des Berner Literaten Ernst Burren, das den Einstieg in einen Infoanlass bildet. Es geht nicht darum, woher man gekommen ist oder wohin man geht. Die Stadt Frauenfeld beispielsweise ist multikulturell: Ein Viertel der Frauenfelderinnen und Frauenfelder hat nicht die Schweizer Staatsbürgerschaft. Sogar 40 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner haben einen Migrationshintergrund. Aber viel wichtiger ist: Das alles sind Frauenfelderinnen und Frauenfelder.

Die beiden Theaterschaffenden Sonja Streifinger und Rebekka Spinnler mit Vanessa Huber vom städtischen Amt für Gesellschaft und Integration in ihrer Mitte.

Die beiden Theaterschaffenden Sonja Streifinger und Rebekka Spinnler mit Vanessa Huber vom städtischen Amt für Gesellschaft und Integration in ihrer Mitte.

Bild: Mathias Frei

Vor diesem Hintergrund haben die beiden Winterthurer Theaterschaffenden Rebekka Spinnler und Sonja Streifinger ein Projekt eingereicht für das Programm «Neues Wir» der Eidgenössischen Migrationskommission, das nun Berücksichtigung findet. Es geht darum, einen szenischen Stadtrundgang zusammen mit der Frauenfelder Bevölkerung zu erarbeiten. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sind angesprochen. Die Stadt unterstützt das Projekt auch. Den Lead hat das Amt für Gesellschaft und Integration (AGI). Kürzlich fand ein erster Informationsanlass im Stadtlabor statt. Sieben Interessierte waren nebst den beiden Theaterschaffenden und Vanessa Huber vom AGI zugegen.

Proben beginnen nach den kommenden Herbstferien

Inhaltlich ist noch vieles offen. Das ist auch gewollt. Denn die Beteiligten sollen die Schwerpunkte setzen. Es geht darum, einen anderen Blick auf die Stadt zu werfen und der Frage nachzugehen, wer «wir» ist in Frauenfeld. Der partizipative Prozess steht im Vordergrund.

«Es gibt kein vorgefertigtes Stück.»

Das sagten Spinnler und Streifinger. Thema sind unerhörte und auch unbekannte Geschichten an verschiedenen Schauplätzen in der Stadt. Ziel sind sechs Aufführungen dieses Geschichtenrundgangs im Juni 2023, bei denen auch das Publikum eine aktive Rolle spielen soll. Ab Ende Oktober 2022 gibt es regelmässige Proben. Bei der Textarbeit wirkt der Frauenfelder Schriftsteller Usama al-Shahmani mit.

Frauenfeld sei eine vielstimmige Stadt, wo Migrationsgeschichte gelebt werde, erklärten die Projektleiterinnen. Und Frauenfeld ist bei diesem Vorhaben Pilotstadt. Vanessa Huber vom AGI freute sich:

«Schön, wenn hier Migration als positive Ressource zum Einsatz kommt.»

Die sieben Frauen, die sich für das Projekt interessieren, kamen an diesem Abend im Stadtlabor schnell ins Gespräch. Sie sind nun Multiplikatorinnen, damit der nächste Infoanlass kurz nach den Sommerferien überrannt wird von Interessierten.

Wer über das Datum des nächsten Infoanlasses informiert werden will, meldet sich über rebekka.spinnler@sunrise.ch