Gleichberechtigung
«Genderwatch-Protokoll»: Zürcher Rat will Redezeit von Männern und Frauen vergleichen – zum Missfallen der Bürgerlichen

Die SP und Grüne forderten eine Auswertung der Votenzahl und Redezeit nach Geschlechter im Stadtzürcher Parlament. Mit einem knappen Ja wurde ihr Antrag nun angenommen. Der FDP und SVP widerstrebt dies.

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Wie oft und wie lange Frauen im Zürcher Rat reden, soll in Zukunft protokolliert werden. Damit soll die Gleichstellung der Geschlechter gefördert werden.

Wie oft und wie lange Frauen im Zürcher Rat reden, soll in Zukunft protokolliert werden. Damit soll die Gleichstellung der Geschlechter gefördert werden.

Annick Ramp / NZZ

Das Stadtzürcher Parlament will ein «Genderwatch-Protokoll» einführen: Es hiess den Antrag von SP und Grünen mit 61 zu 50 Stimmen gut, dass die Zahl der Voten und die Redezeit nach Geschlechtern analysiert werden sollen.

Dass Frauen in der Politik untervertreten seien, werde oft thematisiert, sagte Marion Schmid (SP) in ihrer Begründung des Beschlussantrags. Doch wie die Frauen im Gemeinderat repräsentiert werden, hänge nicht nur von der Anzahl der Sitze ab, die von ihnen besetzt seien.

Das Bewusstsein schärfen

Zürcher Gemeinderätin Marion Schmid (SP).

Zürcher Gemeinderätin Marion Schmid (SP).

Gemeinderat Stadt Zürich

«Relevant für die tatsächliche Repräsentation ist ebenso das Verhältnis der Wortmeldungen sowie die effektive Redezeit der Frauen respektive der Männer», hielt Schmid fest. SP und Grüne vermuten, dass Frauen weniger Redezeit eingeräumt werde und sich deren politische Untervertretung dadurch weiter erhöht.

«Wir wollen nicht jemandem einen Maulkorb verpassen oder Polemik betreiben», sagte Schmid. Es gehe darum, eine sachliche Diskussion zu ermöglichen, um das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen.

Der Frauenanteil im neuen Stadtzürcher Parlament sei nun zwar so hoch wie nie, betrage aber doch nur 40 Prozent, sagte Selina Walgis (Grüne).

«Männer sind deutlich übervertreten, deshalb ist ein bewusster Umgang mit der Gesprächskultur zentral.»

Ist reines Zählen der Redezeit sinnvoll?

Zürcher Gemeinderätin Martina Zürcher (FDP).

Zürcher Gemeinderätin Martina Zürcher (FDP).

Gemeinderat Stadt Zürich

Unter anderem die FDP wollte von diesem Vorstoss hingegen nichts wissen. Ein reines Zählen der Redezeit sei nicht zielführend, sagte Martina Zürcher. Sie verwies darauf, dass «lange Voten oft schlechter sind als kurze». Wer unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft ernst genommen werden wolle, soll zur FDP-Fraktion stossen, ergänzte sie.

Nur auf die Redezeit im Saal zu schauen, bringe es nicht, meinte auch Susanne Brunner (SVP). Um die Statistik zu erfüllen, müsste sie jetzt einfach weitersprechen, um die ihr maximal zustehende Redezeit auszunutzen. Die wichtige Arbeit in der Partei, in den Fraktionen und in den Kommissionen würde bei so einem «Genderwatch-Protokoll» ausgeblendet.

Verschiedene Parteien - etwa die AL und die GLP - erklärten in der Debatte, in der sich fünf Frauen und drei Männer zu Wort meldeten, dass sie sich für Stimmfreigabe entschieden hätten. Am Ende kam eine knappe Mehrheit für das «Genderwatch-Protokoll» zustande. Das Ratsbüro prüft nun, wie sich ein derartiges Protokoll führen lässt. (sda)