Kantonsfusion
Fusionsbefürworter ärgern sich über Abstimmungsbüchlein

Da der Landrat auf eine Empfehlung zu Fusionsabstimmung verzichtet, dominiert im Abstimmungsbüchlein nun das Nein der Regierung zur Fusionsinitiative - zum Ärger der Fusionsbefürworter.

Michael Nittnaus
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Fusionsbefürworter kritisieren die Darstellung im Abstimmungsbüchlein.

Fusionsbefürworter kritisieren die Darstellung im Abstimmungsbüchlein.

Roland Schmid

Die Hauptbotschaft im gestern publizierten Baselbieter Abstimmungsbüchlein zum 28. September ist auf den ersten Blick eindeutig. In roten Lettern stehen auf Seite 4 die Empfehlungen von Regierung und Landrat an die Stimmberechtigten zu den vier Abstimmungen: dreimal Ja und einmal Nein. Nur wer genau hinschaut, sieht: Das Nein zum Gegenvorschlag der Fusionsinitiative empfiehlt bloss der Regierungsrat – und das ebenfalls nur «mehrheitlich». Unter dem roten Schriftblock steht in normaler Schrift: «Der Landrat verzichtet auf eine Abstimmungsempfehlung.»

Der Wortlaut im Abstimmungsbüchlein.

Der Wortlaut im Abstimmungsbüchlein.

Screenshot www.bl.ch

Debatte verzerrt

«Das ist unerhört», entfährt es Marie-Theres Beeler. Für die Grünen-Landrätin ist diese Darstellung «klar parteiisch» und widerspiegle den Willen des Landrats ungenügend. Dieser habe den Gegenvorschlag angenommen, aber bewusst auf eine Empfehlung verzichtet, damit die Meinungsbildung zum Thema der Bevölkerung überlassen werde. Dies wird im Büchlein erst in den Erläuterungen erklärt. Stattdessen dominiere nun die Haltung von drei der fünf Regierungsräte.

Auch CVP-Landrat und Fusionsskeptiker Franz Meyer zeigt sich erstaunt: «Diese Formulierung und Darstellung ist tatsächlich unglücklich und zumindest eine leichte Verzerrung der politischen Debatte.» Meyer findet, dass der Regierungsrat «bei dieser heiklen Frage» wie der Landrat auf eine Empfehlung hätte verzichten sollen. Dies hat er explizit nicht getan, wie der zweite Landschreiber Nic Kaufmann auf Anfrage sagt: «Die Regierung hat an einer Sitzung bewusst entschieden, ihre Empfehlung stehen zu lassen.» Er bestätigt aber, dass die Regierung «in der Regel» der Empfehlung des Parlaments folgt. Die Landeskanzlei, welche für die Redaktion des Büchleins zuständig ist, habe den Verzicht aber nicht so verstanden. «Und nur Empfehlungen sind rot markiert», sagt Kaufmann.

FDP-Landrat Marco Born kommentiert derweil: «Als Fusionsgegner freue ich mich natürlich über die Formulierung.» Der Landrat sei selber schuld, da er sich zu keiner klaren Haltung habe durchringen können. Alle Befragten anerkennen, dass der Empfehlungs-Verzicht des Landrates einen aussergewöhnlichen Vorgang darstellt. Der Liestaler Staatsrechtler René Rhinow sagt, dass das Vorgehen bei unterschiedlichen Haltungen von Regierung und Landrat rechtlich nicht klar geregelt sei. Er sagt aber auch: «Wenn der Landrat anderer Meinung ist, dann muss man dies gleichwertig darstellen.»

Für eine Änderung ist es zu spät. Die Broschüre ist bereits im Druck. Regierungspräsident Isaac Reber teilt mit: «Die beiden Haltungen kommen klar zur Geltung.» Beeler möchte dennoch intervenieren. Und SP-Landrat Ruedi Brassel sagt, dass man den Fall nun rasch prüfe – auch um die Frist für eine allfällige Stimmrechtsbeschwerde nicht zu verpassen.