Digitalisierung
Pandemie hinterlässt bei der Baselbieter Datenschutzstelle Berge voll Arbeit

Der Baselbieter Datenschutzbeauftragte Markus Brönnimann wünscht sich mehr Ressourcen und eine breite gesellschaftliche Debatte über das Ausmass der digitalen Überwachung. Auch kritisiert er, dass jeder Kanton ein eigenes Datenschutzgesetz hat.

Hans-Martin Jermann
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Kann die Baselbieter Verwaltung für die Mitarbeitenden eine Kontrolle des Covid-Zertifikats einführen, um so die Maskenpflicht am Arbeitsplatz aufzuheben? Das war 2021 ein Fall für den Datenschutzbeauftragten.

Kann die Baselbieter Verwaltung für die Mitarbeitenden eine Kontrolle des Covid-Zertifikats einführen, um so die Maskenpflicht am Arbeitsplatz aufzuheben? Das war 2021 ein Fall für den Datenschutzbeauftragten.

Bild: Gaëtan Bally / Keystone (24. Januar 2021)

Die Corona-Pandemie war für Datenschützer mit grossen Herausforderungen verbunden: Das Recht jeder Person auf Schutz ihrer Privatsphäre stand teilweise im Konflikt zur Pflicht von Bund und Kantonen, die Gesundheit derselben Person zu schützen. «In der Pandemie war der Zeitdruck gross. Teilweise wurden innert kurzer Zeit technische Lösungen implementiert, die zu Nicht-Pandemiezeiten genauer unter die Lupe genommen worden wären», räumt der Baselbieter Datenschutzbeauftragter Markus Brönnimann ein. Ein Beispiel auf nationaler Ebene ist das Debakel der Impfplattform Onedoc. Auch wurden Datenschützer mit spezifischen Fragen konfrontiert, wie etwa einer Zertifikatskontrolle in der Kantonsverwaltung (siehe Kasten unten).

Grosse Datenberge wegen der Pandemie

Die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie führten zu grossen Datenbergen. Brönnimann und sein Team sind aktuell an der Auf- und Nachbearbeitung der Pandemie. Zudem hat Corona gesamtgesellschaftlich einen Digitalisierungsschub ausgelöst. Das alles führt bei der Aufsichtsstelle Datenschutz des Kantons Baselland (ASD) zu Mehrarbeit. «Die Komplexität und der Umfang unserer Arbeit hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen – und wird weiter zunehmen», stellt Brönnimann klar.

Die ASD ist nicht nur für den Kanton zuständig, sondern beaufsichtigt und berät auch staatsnahe Betriebe und Institutionen wie etwa Spitäler, Alters- und Pflegeheime sowie die Gemeinden. Für letztere fordert die landrätliche Geschäftsprüfungskommission (GPK), dass die ASD ihre Sensibilisierungs- und Beratungstätigkeit intensiviert. Noch mehr Arbeit also.

Markus Brönnimann, der Datenschutzbeauftragte des Kantons Baselland.

Markus Brönnimann, der Datenschutzbeauftragte des Kantons Baselland.

Bild: zVg

Der Baselbieter Datenschutzbeauftragte will nicht so weit gehen und vom Kanton mehr Ressourcen fordern. Die ASD ist erst per 2022 vom Landrat von 450 auf 540 Stellenprozente aufgestockt worden. Brönnimann stellt klar:

«Der Datenschutz ist in Baselland im Vergleich zu einigen anderen Kantonen relativ gut dotiert.»

Er wünscht sich aber eine schweizweite Debatte über die Ausstattung der Datenschutzstellen. Dies auch deshalb, weil die Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinaus immer wichtiger wird. Die GPK empfiehlt der ASD denn auch, die Kooperation auszubauen.

Brönnimann findet es «schwierig», dass in der Schweiz jeder Kanton über ein eigenes Datenschutzgesetz mit teilweise unterschiedlichen Regeln verfüge. Er sehe beim Datenschutz keine regionalen Spezialitäten, die dies notwendig machen. «Ein einziges Gesetz mit jeweils kantonaler Aufsicht müsste reichen», findet er.

Folgen des Überwachungskapitalismus nur schleichend spürbar

Nötig wäre laut Brönnimann auch eine breite gesellschaftliche Debatte über das Ausmass der digitalen Überwachung des Einzelnen.

«Es geht ja nicht darum, was der Datenschützer oder die Datenschützerin für richtig befindet, sondern wir müssen das politisch aushandeln.»

Dass diese Diskussion bisher kaum geführt wurde, erklärt sich der Datenschützer so: Die möglichen negativen Folgen der Digitalisierung und der Überwachung durch Firmen, welche die Nutzung von Personendaten als Geschäftsmodell haben, sei nur schleichend spürbar, der Leidensdruck noch gering. Viele Menschen gäben in den sozialen Medien Details aus ihrem Leben preis, ohne sich gross Gedanken darüber zu machen. «Wir benötigen aber Privatsphäre, um als Gesellschaft funktionieren zu können», ist der Baselbieter Datenschützer überzeugt.

Kein Covid-Zertifikat für Baselbieter Kantonsangestellte

Im 2021 prüfte der Kanton Baselland, für die Mitarbeitenden der Verwaltung eine Kontrolle des Covid-Zertifikats einzuführen, um im Gegenzug die Maskenpflicht am Arbeitsplatz aufheben zu können. Die Idee wurde nach Konsultation der Aufsichtsstelle Datenschutz (ASD) verworfen. Laut ASD wäre eine diskriminierungsfreie Regel nötig, eine solche vorliegend aber schwierig umsetzbar gewesen. Da Personen ohne Zertifikat am Arbeitsplatz eine Maske hätten tragen müssen, hätte dies faktisch zur Identifizierung Ungeimpfter geführt. Dies deshalb, weil wohl sehr wenige Geimpfte aufs Vorweisen des Zertifikats verzichtet hätten, wenn sie von Erleichterungen profitieren.