In der Zeit des Zweiten Weltkriegs war die Solidarität mit Kriegsvertriebenen auch im Freiamt gross. Beinwil hätte im zweiten Weltkrieg 1200 Menschen Zuflucht gewähren sollen.
Beinwil/Freiamt hätte im zweiten Weltkrieg 1200 Menschen Zuflucht gewährt, wenn sie 1940 vor der deutschen Wehrmacht hätten flüchten müssen. Das geht aus Dokumen-
ten aus dem April und Mai 1940 hervor. Beinwil selber zählte damals nur etwa 750 Einwohner.
1940 kam das Kriegsgeschehen nahe an die Schweiz, nachdem die deutschen Truppen Angriffe im Westen verfolgten. Am 5. Juni 1940 begann die Schlacht um Paris. Am 14. Juni trafen deutsche Truppen in der französischen Hauptstadt ein und am 22. Juni unterzeichneten die Franzosen ihre Kapitulation.
Brief an die Gemeinde
«Für den Fall, dass die militärische Evakuation der Zivilbevölkerung aus voraussichtlichen Kampfgebieten und deren Rückmarsch gegen den Kanton Luzern durch die Armeeleitung angeordnet wird, muss Ihre Gemeinde für den Durchmarsch und die Einquartierung der Evakuierten während einigen Nächten beansprucht werden», schrieb das Territorial-Kommando 8 am 17. April 1940 an den Gemeinderat Beinwil. Die Gemeindebehörden hätten die nötigen Vorbereitungen zu treffen.
Am Dienstag, 23. April, wurden die Gemeindevertreter von Muri, Buttwil, Geltwil, Merenschwand, Benzenschwil, Mühlau, Auw, Abtwil, Meienberg (Sins), Oberrüti, Dietwil und Beinwil zu einer «orientierenden Besprechung» um 15 Uhr in den Gasthof Einhorn in Sins eingeladen. «Wir ersuchen Sie, zu dieser Orientierung einen Vertreter Ihrer Behörde, der im Kriegsfall in der Gemeinde anwesend (dienstfrei) bleibt, abzuordnen.»
320 Menschen im Schulhaus
Der Beinwiler Pfarrer Alois Boog hat am 12. April eine «Bestandesaufnahme für die Unterbringung von Evakuierten» erstellt und errechnet, dass in Beinwil Dorf 675, in Wiggwil 360 und in Winterschwil 260, total 1295 Menschen, Zuflucht finden konnten. Im Schulhaus wären 320, im Restaurant Kreuz 120, im Restaurant Rössli 100 und im Pfarrsaal 45 Personen untergebracht worden. In den Käsereien Beinwil und Wiggwil wären Kochstellen eingerichtet worden.
Am 10. Mai bestätigte Boog dem Territorial-Kommando 8 schriftlich, «dass in unserer Gemeinde die Organisation funktionieren wird für den Fall einer eventuellen Evakuation.» Die einzige Schwierigkeit bilde noch «die Herschaffung von ausreichendem Küchengeschirr. Es wird aber wohl das Allernotwendigste auch teilweise mitgebracht werden.»
Weisung um Weisung
Allein am 14. Mai erliess Pfarrer Samuel Holliger, Begründer der Arbeitskolonie Murimoos, als Fürsorgechef des Ter Kdo 5 sechs Weisungen an die Aufnahmechefs der Evakuierte aufnehmenden Orte. So mahnte er, eine genügende Anzahl von Helferinnen aufzubieten, zum Beispiel für die Kinderbetreuung oder die Küche. Der Sanitätsdienst hatte «jetzt schon für die Erstellung der nötigen Latrinen, die eine gute Hygiene gewähren», zu sorgen.
Vorbereitungen und Einrichtungen für die Evakuation und alle daraus entstehenden Kosten würden zulasten der Gemeinden gehen. «Ob und wie Staat und Bund später daran Subventionen leisten, kann nicht gesagt werden.» Dagegen habe das Kriegsfürsorgeamt in Bern die Übernahme der Verpflegungskosten in Aussicht gestellt. Nach Ausgabe des Befehls zur Evakuation sei an den Eingangsstrassen der Ortschaften ein Bereitschaftsdienst einzurichten. Ansammlungen von Personen seien zu vermeiden. «Die Aufnahme muss auch nachts und unter Verdunkelung erfolgen können (Ausrüstung der Funktionäre mit Taschenlampen». Für möglichen Massenandrang seien allfällige Strohlager als Notunterkunft vorzusehen. Die Eva- kuierungsfunktio- näre waren mit einer gelben Binde am linken Arm zu kennzeichnen. «Diese Binde soll behelfsmässig durch Frauenvereine erstellt werden.»